Vor Ort in Nigeria
Archiv 2018



Brief von Gabi Ayivi vom 07.11.2018


Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützer von Olileanya,

diesen Brief möchte ich mit einem Gedicht beginnen:


Dieser Text fiel mich an, als ich im September aus Deutschland wieder nach Nigeria kam, aus dem Land des Überflusses und der Demokratie bis in die hintersten Winkel der Republik, zurück in eine Region, in der mehrere Mahlzeiten am Tag vielfach Seltenheitswert haben, in der von seiten des Staates Gewalt ausgeht, die Missachtung der Menschenrechte an der Tagesordnung ist und ein völliges Fehlen der Fürsorge für das Volk besteht.

Erschreckend war für mich in Deutschland aber die zunehmende Fremdenfeindlichkeit, die ich aufgrund meiner langen Phase der Abwesenheit vermutlich sensibler zur Kenntnis nehme als jemand, der das ganze Jahr über vor Ort lebt. Umso beglückender ist es, dass in meinem gesamten Freundeskreis immer noch ein Klima der Offenheit und Toleranz bestimmend ist, das auch kontroverse Diskussionen zulässt. Hierfür vielen Dank!

Ein weiteres sensationelles Geschenk wurde uns zuteil: Zum Ende meines Aufenthaltes hatte ich für alle Kinder Paten! Das ist überwältigend. Auch hier geht mein herzlicher Dank an all diejenigen, die sich angesprochen fühlen, unsere Kinder mitzutragen. Die Zuschriften kommen inzwischen aus ganz Deutschland, sogar aus der Schweiz ist jemand zu uns gestoßen: Das ermutigt mich und zeigt mir, dass unsere Homepage gelesen wird und Anklang findet. Herzlich willkommen im wilden Süden der BRD und aus dem noch wilderen Südosten Nigerias. Nno!

Dass wir hier trotz vieler Unbilden nicht auf allen Ebenen in Lethargie verfallen, dass vielmehr die vermeintlich Schwachen eine ganz eigene Stärke haben und wir Dinge vorantreiben, darüber wird Sie / Dich dieser neue Rundbrief informieren. Er wird mal wieder umfangreicher, aber Du kannst / Sie können ja die Themen herausfiltern, die Dich / Sie interessieren.

Das Haus „Nno“ und seine Kinder

Die Kinder entwickeln sich in jeder Hinsicht erfreulich. Es gibt so gut wie keine Krankheitsfälle, alle sind gut durch die Regenzeit mit ihrem hohen Aufkommen an Moskitos gekommen. Die Zeugnisse zum Schuljahrsende sind gut bis hervorragend: drei Kinder erhielten eine Auszeichnung, Mmesoma wechselte vom Kindergarten in die Grundschule (dafür musste sie eine Prüfung ablegen, die sie zu ihrem großen Stolz bestanden hat!). Der inzwischen 18jährige Tochukwu besucht seit September die Junior Secondary School, d.h. die erste Stufe der Hauptschule. Dass er über eine gehörige Portion Humor verfügt, zeigt sich darin, dass er stolz ein abgelegtes T-Shirt meines Sohnes Stefan mit einem Lobgesang auf Spätzle trägt (inzwischen lieben alle Kinder Kässpätzle mit Salat).

Ein weiterer Grund zur Freude sind die Fortschritte beim Musikunterricht. Seit ein paar Wochen finden die Chorproben des Gospelchores „Ifunanyachukwu“ am Sonntagnachmittag in unserem Wohnzimmer statt (siehe vorletzte Rubrik dieses Rundbriefes). Die geballte Ladung an Klängen motiviert alle Kinder sehr. Obwohl sie sich während der Proben oft im Hintergrund halten, kennen sie zu meiner großen Verblüffung alle Liedtexte. Selbst der kleine Chibuike trällert munter vor sich hin. In Deutschland bekam ich ein geniales Hilfsmittel geschenkt: einen Kopfhörer für das Keyboard. Das sorgt für Ruhe im Haus auch während längerer Übungsphasen, sehr wertvoll vor allem in den frühen Morgenstunden.



Ein ganz neues Feld tut sich auf für die kleinen Musikanten. Seit einigen Monaten bekommen wir Besuch von einem sehr belasteten jungen Mann. Als am letzten Samstag alle Erwachsenen sehr beschäftigt waren und niemand Zeit für ihn hatte, brachte Ugochukwu kurzerhand das Keyboard vor’s Haus, schloss das Kabel durchs Fenster im Nähzimmer an und betätigte sich als Musiktherapeut. Es war zum Heulen schön. Die Kinder sind sehr unbefangen auch Menschen gegenüber, die außergewöhnlich auftreten.

Nach wie vor warten wir auf die beiden Neuzugänge, die wir eigentlich zu Beginn des Schuljahres übernehmen wollten (siehe letzter Rundbrief). Der Leiter der Rehabilitations-Einrichtung scheint den Wechsel zu blockieren. Er hat bisher noch keinen Kontakt zu den Eltern der Kinder hergestellt. Wir fragen ca. 1mal wöchentlich nach. Vermutlich wartet er darauf, dass ich eine ihm genehme Summe anbiete, um die Kinder „freizukaufen“. Er wird irgendwann merken, dass kein Geld fließt. Ich bin zuversichtlich, dass er in Bälde nachgeben wird. Bis dahin werden wir ein Einzelbett durch ein Stockbett ersetzt haben, um die nötige Anzahl an Schlafplätzen vorhalten zu können.

Bekanntlich leben wir in einer christlichen Region und sind an das katholische Krankenhaus mit der dazu gehörigen Kirche angebunden. Das gibt den Kindern die Gelegenheit, sich einer Gruppierung in der unmittelbaren Umgebung anzuschließen. Vier der Buben sind inzwischen Ministranten, Iruoma möchte bei den Mädchen mitwirken, die die Lesungen vortragen. Dies gibt den Kindern Stabilität und das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Da sich inzwischen vor unserem Haus beim Fußball heiße Kämpfe abspielen, werde ich beim Priester des Krankenhauses anregen, dass ein eigener Verein gegründet wird, durch den die Kinder Zugang auf dem Fußballplatz der Gemeinde haben. Bis jetzt spielen sie auf der Sandpiste vor dem Haus, wodurch Verletzungen beim Barfußspielen an der Tagesordnung sind. Gott sei Dank sind alle Kinder extrem hart im Nehmen. Ich bin gespannt, ob ich eines Tages an dieser Stelle unsere Hausmannschaft in einem eigenen Dress vorstellen kann, im Idealfall mit Stollenschuhen. Auf jeden Fall wird deutlich, dass uns die Ideen so schnell nicht ausgehen.

Haus und Hof

Der Avocado-Baum ist während der Regenzeit wieder kräftig in die Höhe geschossen und lädt die Jungs zum Klettern ein. Bei einer dieser Touren in den Wipfel des der Unfruchtbarkeit verdächtigten Riesen entdeckte Ifechukwu zur Begeisterung des gesamten Hausstandes 2 (in Worten: zwei) Avocado-Früchte. Was für ein Jubel! Unser Baum wird Mama, sie bekommt Zwillinge. Auch die Kokosnuss entschließt sich endlich, im Wachstum zuzulegen, die Ananas halten sich noch sehr zurück. Zum Ausgleich gedeihen gleich daneben mehrere Papaya-Bäume. Sie nehmen durch ihren schlanken Wuchs wenig Platz ein, fallen durch ihre wunderschönen Blätter auf. Unsere Erdnussernte war angeblich reichlich, leider war ich zu diesem Zeitpunkt abwesend. Ich bitte nächstes Jahr darum, mir was zurückzulegen.

Bilder:                                                                                                    links: Avocado-Früchte,
rechts: Papaya-Pflanzen und Kokos-Palme







Zum Willkommen wurden für mich dieses Jahr zwei weitere Hühnchen gekauft. Der mit angeschaffte Hahn schied Berichten zufolge bereits am nächsten Morgen aus dem Leben. Es macht nicht den Eindruck, dass seine Witwen hierdurch sehr beeinträchtigt sind. Sie gluckern zufrieden über’s Gelände oder liegen faul im Schatten im Sand. Falls ich es versäume, abends rechtzeitig die Bürotüre zu schließen, bevorzugen sie diesen Raum als Nachtlager: die eine auf dem Regal, die andere auf einem Container mit Handakten. Sie sind aber so zahm, dass man sie auf den Arm nehmen und höflich nach draußen befördern kann, wobei allerdings Geräusche zu hören sind, die einen zurückhaltenden Protest kundtun.













Gesundheitsfürsorge

Augenklinik Eckert Herrenberg, Filiale Emene:

E n d l i c h !

Der Bau kann beginnen! Alle Unterschriften sind geleistet, Einverständnis allenthalten. Ein weiteres Mal wurde das Gelände für die nun anstehenden Arbeiten vorbereitet. Sobald wir das nötige Geld in Nigeria auf dem Konto haben, werden wir einen Bauzaun errichten, und dann geht es richtig los. Natürlich werden wir laufend über Fortschritte berichten. Wer also daran interessiert ist, die einzelnen Bauabschnitte zu begleiten, kann sich öfter mal auf die Homepage einklinken. Vielleicht gibt es ja neue Bilder!

Inzwischen gibt es auch einen Spendenaufruf vom Augenzentrum Eckert in Herrenberg. Hier kann gezielt für die Augenklinik Geld eingezahlt werden.

Link zum Spendenaufruf  

Dass der Neubau mit seinem überwältigenden Raumangebot dringend erforderlich ist, muss nicht gesondert begründet werden. Die Dankbarkeit der Patienten, die erfolgreich operiert wurden und wieder sehen können, ist überwältigend. Sie singen, tanzen und beten in der Ambulanz der Augenklinik. Es ist wunderschön zu erleben, wenn jemand eigenständig, zum Teil über lange Strecken hinweg, zur Nachsorge nach Emene kommen kann, der zuvor Hilfe in allen täglichen Belangen benötigte und keinen Schritt eigenständig gehen konnte. Die Familie ist entlastet, die Patienten können sich wieder selbst versorgen und ihrer Arbeit nachgehen. Bei Terminen im Krankenhaus schauen sie regelmäßig bei mir zu Hause vorbei, um über ihre aktuelle Situation zu berichten und sich ein weiteres Mal zu bedanken. Manchmal werde ich auch vom Krankenhaus angerufen, ob ich zu einem kurzen Gespräch vorbeikommen kann. Das größte Erlebnis ist aber jeweils, wenn ein Verband nach der Operation abgenommen wird und die Frau / der Mann ausruft: „I can see you!“

Allgemeinmedizin:

An dieser Stelle möchte ich mich ein weiteres Mal für alle Spenden bedanken, die in die Versorgung der Menschen mit anderen Krankheitsbildern verwendet werden konnten. Wir haben von Anfang keinen Unterschied gemacht, welch Behandlung unterstützt wird. Vielmehr waren die Kriterien ausgerichtet nach der Dringlichkeit und der Notwendigkeit, Hilfe zu gewähren. Unser jüngstes und wirklich sehr bewegendes Erfolgserlebnis ist die völlige Heilung von Vater Mmadu, der im November letzten Jahres, dem Tode nahe, mit einer offenen Tb im Bereich des Rückenmarks im Annunciation Specialist Hospital aufgenommen worden war. Er litt unter stärksten Schmerzen, konnte nicht sitzen, nicht stehen, nicht gehen. Nach der ersten Akutbehandlung wurde er vor Weihnachten 2017 in ein ca. 60 km entferntes Krankenhaus verlegt, das über eine eigene Tb-Station verfügt. Dort verblieb er weitere 3 Monate, bevor er in die Obhut seines Bruders nach Enugu zurückkehrte. Anfang dieser Woche besuchte er uns und verkündete strahlend, dass der letzte Test negativ ausgefallen sei. Die Tb ist völlig abgeheilt, Herr Mmadu hat mit viel Zähigkeit wieder gelernt zu gehen, der zuvor mutlose Witwer ist ein neuer Mensch. Nach Herrn Odili, der nach einem Verkehrsunfall vom Hals an gelähmt war, ist er der zweite Kranke, der sich ins Leben zurückgekämpft hat.














Fotos: links Herr Mmadu, rechts: Herr Odili

Seine vier Kinder werden dennoch weiter bei uns bleiben. Sie haben hier eine neue Heimat gefunden. Auch wenn Herr Mmadu wieder ins Dorf zurückkehrt, wird es ihm nach dem Tod seiner Frau nicht möglich sein, die Kinder vernünftig zu versorgen, von einem geeigneten Schulbesuch für die sehr begabten Geschwister ganz zu schweigen.

Um das Bild abzurunden, möchte ich nochmal Tochukwu in Erinnerung rufen, und zwar anhand von zwei Fotos: die erste Aufnahme zeigt ihn im Mai 2015 im Krankenhaus, noch vor der Aufnahme bei uns; auf der zweiten lümmelt er im Sommer 2017 am Samstagmittag auf einem Stuhl vor dem Haus. Aus dem traumatisierten, schmerzgeplagten und hoffnungslosen Jungen wurde ein vor Selbstbewusstsein strotzender Jugendlicher.









Mir fällt zu den Patienten der Augenklinik, dem Unfallopfer und dem Tb-Patienten nur ein Bibeltext ein: „Blinde können sehen, Lahme gehen.“ Diese für die Betroffenen wahr gewordenen Wunder sind nur möglich durch Ihre großzügige und unermüdliche finanzielle Unterstützung, durch den Einsatz engagierter Ärzte, durch die tiefe Gläubigkeit der Patienten, dass ihnen geholfen werden kann und ihre Bereitschaft, durch eigenes Zutun zum Heilungsprozess beizutragen.

Dank für jeden einzelnen Euro!

Neben den vielen Einzelspenden gibt es noch zwei erwähnenswerte Ereignisse: Im Spätsommer und vor wenigen Tagen fanden zum wiederholten Male Benefiz-Konzerte in Rottweil und Tuttlingen statt, deren Erlös an OLILEANYA fließt. Es tut unendlich gut, solche treuen Unterstützer zu haben!

Link zum Zeitungsartikel aus Tuttlingen

In den nächsten Monaten wird eine weitere Rubrik eingefügt:

Gospelchor Ifenanyachukwu = die Liebe Gottes

Was soll ich hierzu sagen? Einmal wöchentlich bade ich in Wohlklängen. Wie bereits weiter oben erwähnt, findet die Chorprobe aus organisatorischen Gründen in unserem Wohnzimmer statt. Seit etwas mehr als einem Jahr plane ich, dass dieser Chor eine Tournee durch Baden-Württemberg durchführen wird. Die Einladung eines Gastchores / einiger Kirchengemeinden hat mich dabei sehr ermutigt. Also sind wir im Moment dabei, uns sehr intensiv auf den Frühsommer 2019 vorzubereiten, in dem wir die Reise nach Deutschland antreten wollen.

Ifenanyachukwu = Die Liebe Gottes – ist ein sehr junger Chor, gegründet im Jahr 2017. Das Durchschnittsalter der Sängerinnen und Sänger liegt bei ca. 25 Jahren. Es sind z.T. herausragende Stimmen, die unverbraucht und voller Begeisterung ihre Lieder vortragen. Meist sind es Eigenkompositionen, die im Verlauf der Chorproben entstehen. Es gibt aber auch ein paar Ohrwürmer im Programm.

Es wäre sehr schön und ermutigend, wenn dieser Sprung von Nigeria nach Deutschland gelingen könnte. Mein Hauptanliegen ist, dass ich nicht immer nur vortrage – in den Rundbriefen, während meiner Sommeraufenthalte in Deutschland -, wie viel die Kultur Biafras zu bieten hat, wie reich diese Region ist an Begabungen, sondern dass Du / Sie dies auch einmal direkt erfahren und spüren kannst / können. Zum Auftakt haben wir in den letzten Wochen eine erste CD aufgenommen, siehe H I E R

Eine der größten Hürden wird mit Sicherheit die Visa-Vergabe der deutschen Botschaft sein. Dieses Abenteuer werden wir zu Beginn des nächsten Jahres in Angriff nehmen. Vieles steht und fällt damit, ob es den einzelnen Sängerinnen und Sängern gelingt, bis dahin einen Reisepass zu bekommen. Die Verwaltungsebene Nigerias liegt total darnieder, monatelang werden die Gehälter nicht ausgezahlt, was das Engagement der Beschäftigten in den Keller rauschen lässt. Chioma, meine Mitarbeiterin, wartet seit 2017 auf die Ausstellung ihres Personalausweises – ein Dokument, das lt. Gesetz jede/r Einwohner/in Nigerias besitzen muss – und das Voraussetzung ist, um einen Pass zu beantragen . Unzählige Male war sie bei dem betreffenden Amt. Gestern teilte man ihr mit, dass ihre Unterlagen nicht auffindbar seien. Heute bekam sie – endlich – einen vorläufigen Ausweis. Eigentlich wäre Streik gewesen. Dieser wurde jedoch in letzter Sekunde noch abgewendet. Sie dürfen uns von daher alle den Daumen drücken, damit unser Vorhaben gelingen kann.

Und damit sind wir direkt beim letzten Thema:

Was gibt es sonst noch im Südosten Nigerias?

Schon mehrfach habe ich mich an dieser Stelle über die miserable wirtschaftliche Situation Nigerias ausgelassen, der großzügige Schenkungen aus dem Ausland gegenüberstehen. Zunehmend geht die nigerianische Führung dazu über, hohe Kredite aufzunehmen, vor allem von China. Gleichzeitig tourt der Staatschef durch die Lande und beklagt die zunehmende Armut der Bevölkerung, die schlechte Infrastruktur und stellt den zunehmenden Hilfebedarf seines Landes dar. In einer Zeitung ist zu lesen: „88 Mio. Nigerianer leben in extremer Armut, 1,1 Mio. Nigerianer rutschten in den letzten 4 Monaten in extreme Armut. 12 Mio. Nigerianer verloren in den letzten drei Jahren ihre Arbeit. Nigeria hat sich in den letzten 3 Jahren mehr Geld geborgt als in den vergangenen 50 Jahren, ohne dass ersichtlich ist, was mit dem Geld gemacht wurde.“ China, einer der wichtigsten „Partner“ für den gesamten afrikanischen Kontinent, gibt mehr als großzügig. Vermutlich wissen die Geberländer sehr genau, dass Nigeria nie in der Lage sein wird, diese Kredite zurückzuzahlen. Es wird darauf hinauslaufen, dass stattdessen Land als Zahlungsmittel eingefordert wird. Schon jetzt hat man den Eindruck, dass Nigeria früher oder später auf die Chinesen übergehen wird.

Es lohnt sich, einmal auf die website der Deutsch-Nigerianischen Entwicklungszusammenarbeit zu schauen. Ich muss gestehen, dass ich diesen Text nicht in voller Länge lesen kann, ohne in große Frustration zu verfallen. Nichts von dem, was dort geschrieben steht, ist im Südosten Nigerias umgesetzt. Unterstützung der klein- und mittelständischen Farmer? – Fehlanzeige.

Bild rechts oben: kleines Reisfeld

Bilder: Dorfladen und kleiner Laden am Straßenran

Verbesserung der Infrastruktur, z.B. beim Straßenbau? – Fehlanzeige. Zuverlässige Stromversorgung? - Fehlanzeige. Bekämpfung der Polio? – Fehlanzeige (das Gleiche gilt für HIV, Tb, Malaria, Typus...). Es mag ja sein, dass diese Gelder zur Verfügung gestellt werden, fraglich ist, wofür sie verwendet werden. Außerdem werden mutige, phantasievolle Ansätze von Einzelinitiativen gewaltsam zerstört. Es gibt einen großen Unternehmer in Nigeria, aus dem hohen Norden stammend, der sowohl Spaghetti als auch Zement produziert. So parken vor seinem Zement-Depot am Express-Way zwischen Emene und Enugu ungefähr einmal monatlich ca. 35 – 40 riesige LKWs, vollbeladen mit Säcken, die darauf warten, abgeladen zu werden. Die Fahrer schlafen in der Zeit unter den Fahrzeugen. Der Name dieses Multimillionärs ist im Supermarkt auf mannigfaltigen Produkten zu sehen, von Milchpulver bis zu Gewürzen. Jeder Konkurrent wird weggebissen. Vor Kurzem hat er eine Fluggesellschaft gegründet.

Die Fernstraßen im Südosten sind in einem katastrophalen Zustand. Dies bedeutet nicht nur eine Qual für Autos und Fahrer und einen hohen zeitlichen Aufwand, sondern in erster Linie beinhaltet es ein hohes Gefahrenpotential. Es gibt keinen Schienenverkehr im Südosten, sämtliche Transporter mit hochexplosiver Ladung sind auf diesen Routen unterwegs. Auf manchen Straßen weigere ich mich zu fahren, um z.B. Außentermine mit der Augenklinik wahrzunehmen. Die medizinische Versorgung liegt darnieder, die Anlieferung von Elektrizität gestaltet sich für die Konsumenten wie ein Würfelspiel: manchmal hat man Glück, meist hat man Pech. Mitte September hat es auch uns eiskalt erwischt: die staatlichen Elektrizitätswerke haben so gut wie nicht geliefert, der Generator des Krankenhauses war überwiegend defekt, wir hatten über zwei Wochen lang nur jeweils für kurze Zeit Strom. Das heißt: keine Waschmaschine in einem Haushalt mit 14 Personen, keine Wasserspülung, weil das Wasser aus der Zisterne nicht in den Overhead-Tank gepunpt werden kann, daher auch keine Dusche. Um e-mails zu schreiben, musste ich einen befreundeten Priester aufsuchen und dessen Generator in Anspruch nehmen. Lichtquellen ab 18.30 Uhr: Kerzenschein und unsere kleinen Solarleuchten, im Kühlschrank herrschte gähnende Leere, genau so wie in der Tiefkühltruhe. Wir gingen in diesen zwei Wochen sehr, sehr bald ins Bett.

Ich könnte noch seitenlang weiter berichten, möchte an dieser Stelle aber aufhören. Es ist ermüdend, solche Schilderungen zu lesen, zumal es keine schnellen Lösungen gibt. Vor einem allerdings möchte ich warnen: glauben Sie bitte nur einem Bruchteil von dem, was Sie in den Medien oder in offiziellen Verlautbarungen lesen, und glauben Sie nur das, was Sie nachprüfen können.

Die Philosophie der Igbo ist in dieser Hinsicht so simpel wie anrührend: Letzte Woche hatte ich ein Gespräch mit einem Verwalter, der ein Appartement in einem Haus mit 8 Wohnungen vermieten wollte. Er erzählte, dass der Wassertank des Hauses wöchentlich 2 – 3mal gefüllt werde. Das bedeute, dass die Bewohner ca. jeden zweiten Tag Wasser zur Verfügung hätten: „Wenn wir etwas bekommen, nehmen wir es. Wenn wir nichts haben, nehmen wir es auch. Dies ist unsere Art zu überleben.“

Zum Schluss möchte ich noch auf zwei angenehme Dinge hinweisen: Wir haben erneut einen Kalender für das nächste Jahr gefertigt. Einen kleinen Vorgeschmack finden Sie H I E R. Außerdem kann in Bälde eine CD des Gospel-Chores Ifenanyachukwu Choral gekauft werden (s.o.). Beides eignet sich hervorragend als Weihnachtsgeschenk. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie rege Gebrauch von unserem Angebot machen.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine zufriedene und entspannte spätherbstliche und vorweihnachtliche Zeit.

Mit herzlichen Grüßen aus Emene – Gabriele Ayivi

06.11.2018

Gruppenbild vom 10. November 2018: Die Orgelpfeifen mit ihrem geliebten Musiklehrer, der jeden Samstag punkt 10.00 Uhr auf der Matte steht.von links nach rechts:Chiadi, Chibuike, Mmesoma, Ugochukwu II, Kosisochukwu, Ifechukwu, Joy, Iruoma, Izuchukwu, Tochukwu (Promise und Okwudili fehlen)zweite Reihe: Oncle Ugochukwu I











Bild: Fahrrad ohne Fisch









Bild: Kinderschar (einfach so)









Brief von Gabi Ayivi vom 06.07.2018

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützer von Olileanya,

dieser Brief wird in Deutschland geschrieben, zu Beginn des 2monatigen Aufenthaltes. Der Trubel der letzten Wochen war so groß, dass für eine ruhige Arbeit am PC keine Zeit blieb. Und weil auch hier – wie immer – sehr viel zu tun ist, gibt es weniger Text und mehr Bilder 

Das Haus „Nno“ platzt demnächst aus allen Nähten. Wie bereits im April angekündigt, ist die 13jährige Schwester von Izuchukwu, Joy, nach Ostern eingezogen. Im letzten Rundbrief wurde sie bereits vorgestellt. Sie ist noch in der Eingewöhnungsphase, fühlt sich aber sehr wohl. 

Grundsätzlich bewegen wir uns seit einigen Monaten wieder in ruhigeren Gewässern, wir sind bei einem funktionierenden Alltag angekommen. Der Vater der Kinder Mmadu macht sehr gute Fortschritte in seiner Genesung, er kann auch längere Strecken alleine gehen. 

Ifechukwu, der zweite in der Geschwisterreihe, hat für seine aggressiven Durchbrüche das bestmögliche Ventil gefunden: er ist musikalisch sehr begabt, sein erster Gang bereits am frühen Morgen ist der zum Keyboard. Dadurch ist er inzwischen ausgeglichen, ein fröhlicher Junge, musik- und fußballbegeistert.

Ein Schatten fiel im Juni auf unsere Gemeinschaft durch den Tod des Vaters von Izuchukwu und Joy, der den Folgen der schweren unfallbedingten Kopfverletzungen erlag. Es hat den Anschein, dass Bruder und Schwester den Verlust recht schnell verkraftet haben: sie haben ohnehin nicht mehr in der Herkunftsfamilie gelebt, der Vater stand schon lange nicht mehr zur Verfügung, sie sind der bedrückenden Armut nicht mehr ausgesetzt, können weiterhin zur Schule gehen. Außerdem teilen sie dieses Schicksal nun mit nahezu allen Kindern der Nno-Familie – lediglich Tochukwu hat noch beide Elternteile. 

Bild: Beerdigung von Vater Nnabu. 






Aussichten:

Wenn etwas stabil ist bei uns, dann ist es die Veränderung. 

Seit dem letzten September (im Rahmen des Zahnarztprojektes) habe ich losen Kontakt zu einem Rehabilitations-Zentrum für körperlich beeinträchtigte junge Menschen in Emene. Bei einem Gang über das Gelände packt mich das kalte Grausen. Ich erspare mir und Ihnen eine nähere Schilderung des Anwesens, werde darauf eventuell zu einem späteren Zeitpunkt zurückkommen. Einen Raum jedoch werde ich vorstellen: den Schlafsaal der männlichen Bewohner. Dieser Raum ist selbst für mich, die inzwischen ja einiges gewohnt ist, nur trostlos. Die gesamte Einrichtung steht unter der Verantwortung des Governors, der wiederum das Ministerium für soziale Angelegenheiten als Verwaltungsorgan eingesetzt hat. Bei meinem letzten Besuch vor wenigen Wochen fiel mir ein 13jähriger Junge auf, der allein vom Alter völlig fehl am Platze ist. Er soll das Handwerk des Schuhmachers lernen – in einer Werkstatt, in der Modelle fast ausschließlich mit Pappe hergestellt werden, weil die entsprechenden Maschinen entweder ganz fehlen oder defekt sind. Obinna ist gehörlos, fällt aber durch seinen wachen und interessierten Blick auf. Ein weiterer Junge, ca. 14 Jahre alt, zeigt eine schwere Fehlstellung der Wirbelsäule, ist daher beim Gehen stark eingeschränkt. Auch er gehört von seiner Beeinträchtigung und seinem Alter her nicht zu der Personengruppe, für die das Reha-Zentrum gedacht ist. Chioma und ich haben uns nach reiflicher Überlegung entschlossen, auch diese Beiden nach meiner Rückkehr aus Deutschland im September in unsere Obhut zu nehmen.  

Bild: Ebuka, 14 Jahre alt (links); Obinna, 13 Jahre alt (rechts)


Somit suchen wir ab September 5 Paten. Wenn Sie sich / Du dich angesprochen fühlen/fühlst , gibt es unter der Rubrik „Patenschaft“ nähere Informationen. Sie können / du kannst aber auch einfach eine Mail an mich schreiben. 


Haus und Hof

Das Dach ist renoviert, inzwischen kann es regnen, so viel es will. 

Seit Anfang Juni hat unsere Küche nochmals eine grundlegende Besserung aufzuweisen: wir haben einen neuen Herd. Mit dieser Kochstelle meiner Träume bleiben keine Wünsche mehr offen. Selbst Chioma ist nach anfänglicher Skepsis völlig begeistert. Täglich für 14, bald für 16 Personen zu kochen, ist eine Herausforderung. Oft kommt noch Besuch, wir führen grundsätzlich ein offenes Haus. 






Bild: Ein Baum, der Wäsche trägt








Bild: Backtag mit Matthies








Gesundheitsfürsorge

Augenklinik / ASH:

Zwei Tage vor meinem Abflug Ende Juni wurde mir endlich das lange erwartete Diskussionspapier für den Bau der Augenklinik ausgehändigt. Ich wünsche mir, dass das Projekt nach Überprüfung durch Dr. Eckert endlich in eine Bauphase münden kann. 

KuKuk war in Emene

In nahezu zwei Wochen haben alle Beteiligten wahre Wunder gewirkt. Der neue Spielplatz des Therapeutic Day Care Center ist ein Traum. Ihm habe ich eine ganze Bildergalerie gewidmet. 


Matthies, der Schreiner auf Wanderschaft, war so begeistert, dass er noch zwei Wochen länger in Emene blieb. Er war eine absolute Bereicherung für den Haushalt, legte einen Backtag für Kekse ein, verkleidete den neuen Herd und wurde den Kindern ein guter Freund. 

Was gibt es sonst noch im Südosten Nigerias?

Der im letzten Rundbrief angekündigte Silberstreif am Horizont gewinnt an Strahlkraft. Ein vor 2 Jahren aus den USA zurückgekehrten Priester plant den Bau eines Reha-Zentrums, das diesen Namen verdient. „Fada“ Benet hat in New York eine Ausbildung als Gesprächstherapeut absolviert und war mehrere Jahre in dieser Funktion tätig. Zurückgekehrt nach Nigeria, will er sein Wissen in der Heimat anwenden. Falls die Planung gelingt, wäre es die erste Einrichtung dieser Art in Enugu State. Die Notwendigkeit dafür steht außer Frage.

Ansonsten wird das Thema Boko Haram von den Viehhirten aus dem Norden verdrängt. Sie dringen bis in den Süden Nigerias vor. Der Konflikt jedoch ist anderer Art: die Herden verwüsten die Felder der Farmer, die wiederum schlachten in ihrer Frustration die Kühe. Vor wenigen Tagen waren im Middle Belt 100 Todesopfer zu beklagen, als die herdsmen über ein Dorf herfielen. 

Meine bereits geschilderten Tagträume nehmen zu, einhergehend mit der zunehmende Anzahl der zu versorgenden Kinder. Inzwischen wurde mir empfohlen, das bestehende Gebäude aufzustocken. Eine gute Idee, wie ich finde. Wir hätten weiterhin alles unter einem Dach. Im Moment fehlt uns „nur“ noch das Geld für die Realisierung. 

In gewohnter Weise grüße ich alle Freunde und Interessenten von und an OLILEANYA, dieses Mal jedoch sehr ungewohnt aus Rottweil. 

Ihre / Deine 


Gabriele Ayivi

06.07.2018


Bild: Werbung













Bild:
Matthies zeigt wie es geht: Fußballtor bauen.








Bild: Matthies und Kosi










Brief von Gabi Ayivi vom 07.04.2018

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützer von Olileanya,

als Ausgleich für einen reduzierten Rundbrief im Januar gibt es Anfang April mal wieder was mit gaaanz viel Text. Dass nicht alle Leser angesichts so vieler Buchstaben stöhnen, entnehme ich der wachsenden Zahl der „Abonnenten“. Ich freue mich über jeden Zugang!!!

Es gibt Neuigkeiten, Ergänzungen und Korrekturen sowie eine kleine Überraschung: erstmalig werden wir Ihnen Videos präsentieren. 


Um Ordnung ins Geschehen zu bringen, kehre ich zu den bekannten Strukturen zurück und beginne mit dem

Haus „Nno“ und seinen Kindern (sie sollen in diesem Bericht auch den Schwerpunkt bilden): Nicht heimlich, still und leise, sondern mit ziemlich viel Trara wird das Haus seit November bis Mitte März von weiteren 5 (in Worten: fünf!) Kindern bewohnt. Ein sechstes steht mit einem Fuß bereits im Gartentor. 

Doch der Reihe nach: 

Die Anzahl der Kinder stieg so abrupt an durch den Umstand, dass vier von ihnen Geschwister sind. Drei von Ihnen wurden bereits vorgestellt. Abweichend vom üblichen Vorgehen möchte ich deren Geschichten näher beleuchten. Die Mutter starb an einer mir unbekannten Erkrankung im April vergangenen Jahres. Zurück blieb ein Vater, der zu dieser Zeit bereits an Tb erkrankt war. Diese Situation trat durch den Tod der Mutter jedoch in den Hintergrund. Er war vielmehr damit beschäftigt, seine Kinder anderweitig unterzubringen. Lediglich die Älteste, seine Tochter Iruoma, gerade mal 14 Jahre alt, und der Jüngste, Chibuikem, 5 Jahre alt, blieben im väterlichen Haushalt. Ugochukwu, 10 Jahre alt, kam zu seinem Onkel nach Enugu, der 12jährige Ifechukwu zu einem „Bekannten“ des Vaters nach Port Harcourt. 

Bild: Ifechukwu

Seine Geschichte hat mich besonders entsetzt: es war zunächst schwierig, herauszufinden, wo er sich aufhält. Der Vater, dessen Tb sich im Verlauf der Erkrankung aufgrund der nicht sachgerechten Therapie in der Wirbelsäule angesiedelt hatte, konnte sich in seinem Ausnahmezustand nicht mehr an irgendwelche Adressen und Telefon-Nummern erinnern. Es brauchte mehrere Wochen, bis der Aufenthaltsort des Jungen bekannt war. Weitere zwei Wochen vergingen, bevor der „Bekannte“ sich mit der Idee anfreunden konnte, dass der Junge seinen Vater im Krankenhaus besuchen konnte. Wir hatten einen Besuch von mehreren Tagen vereinbart. Der Bekannte hatte dem Vater zu Beginn versprochen, dass er den Jungen zur Schule schicken werde, dass es ihm an nichts fehlen werde. Als er hier ankam und seiner Schwester die Wahrheit erzählte, war klar, dass er nicht mehr nach Port Harcourt zurückkehren konnte. Entgegen den Zusagen waren seit Herbst letzten Jahres die Schulgebühren nicht bezahlt worden. Dies führte dazu, dass der Junge von seinen Lehrern körperlich gezüchtigt wurde mit dem Ziel, auf den „Onkel“ Druck auszuüben. Diese Überlegung schlug jedoch fehl. Der Onkel zahlte weiterhin nicht, Ifechukwu wurde dafür regelmäßig in der Schule geprügelt. Zu der Angst vor der Schule kam, dass er der Frau des „Onkels“ auf dem Markt helfen musste, anstatt sich den Hausaufgaben widmen zu können. 

Als ob das für sich alleine nicht genug wäre, wurden wir von den Brüdern des Vaters über eine wirklich katastrophale Planung informiert., die zu meinem Entsetzen mehr und mehr um sich greift: Child traffiking = Kinderhandel. Ifechukwu sollte in die Elfenbeinküste „verkauft“ werden. Die Händler reisen durch die Dörfer, suchen gesunde Kinder aus den ärmsten Familien aus, bieten den Eltern einen für sie attraktiven Geldbetrag und versprechen gleichzeitig, dem Sohn / der Tochter eine fundierte Schulbildung zu ermöglichen. Die Brüder des Vaters hatten angeblich im letzten Moment von diesem Vorhaben erfahren und es verhindert. Es ist für Ifechukwu also ein absoluter Glücksfall, dass er am Ende einer langen Odyssee angekommen ist und endlich Ruhe finden kann. 

Die ursprünglich gestellten Verdachtsdiagnosen eines Glaukoms bzw. eines Katarakts wurden nach gründlicher Prüfung revidiert. Alle drei Brüder Mmadu leiden aber an einer schweren, genetisch bedingten Sehstörung. Sie tragen seit einigen Wochen Brillen und sind von daher zum ersten Mal in der Lage, problemlos zu lesen, zu schreiben und dem Schulunterricht zu folgen.

Der Vater wurde Mitte März nach 4 ½ Monaten der stationären Therapie in die ambulante Weiterbehandlung entlassen. Der Therapieerfolg ist äußerst erfreulich. Er kann wieder eigenständig stehen und kurze Strecken gehen. Die Investitionen sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im zeitlichen Engagement haben sich also für ihn positiv ausgewirkt. Der Tb-Test ist allerdings nach wie vor positiv. Es liegt nun an ihm und seinen Brüdern, die Therapie fortzusetzen. Ich werde ihn vermutlich sehr energisch in die künftige Eigenständigkeit entlassen müssen und auch den Brüdern sehr deutlich klarmachen, dass sie nun in der Verantwortung stehen. OLILEANYA wird die Betreuung der vier Kinder übernehmen und die Familie insofern umfassend entlasten. Die nächsten Monate werden zeigen, ob die Planung sich bewährt. 

Bilder:
Vater Mmadu während der stationären Behandlung und kurz vor der Entlassung


Die vier Geschwister haben sich sehr gut eingelebt. Ifechukwu tut sich allerdings schwer mit dem Einhalten von Regeln. Er ist ein verschlossener Junge mit teilweise heftig durchbrechenden Zornattacken. Bei seiner Geschichte nicht erstaunlich.

Viel Freude machen jedoch die „Hüpfer“: Chibuikem und Chiadi sind wie siamesische Zwillinge, Mmesoma genießt es, eine ältere Schwester zu haben.

Eine weitere, sehr traurige, aber auch sehr ermutigende Geschichte begegnet uns mit Izuchukwu, unserem aktuellen Neuzugang. Izu ist ein 13jähriger Junge, der zwar sein Geburtsjahr kennt, nicht aber sein konkretes Geburtsdatum. Er wurde mir vorgestellt, weil er im Krankenhaus seinen Vater versorgen musste. Dieser erlitt im Rahmen eines Autounfalls eine schwere Schädel-Hirn-Verletzung mit massiven Verhaltensstörungen. Er kann sich an nichts mehr erinnern, lernt langsam wieder zu sprechen, kann aber logische Zusammenhänge nicht erkennen. Meist lag er apathisch im Bett, war zu nichts zu motivieren. Der Vater war aus seinem tief im Hinterland gelegenen Dorf, im Nirgendwo zwischen Enugu State und Ebonye State, nach Enugu gezogen in der Hoffnung, sich hier eine Existenz aufbauen zu können.

Bild: Izuchukwu

Der 13jährige Izu entschied sich, mit ihm zu gehen, weil er seine Schulbildung voranbringen wollte. In der Dorfschule, die er besuchte, fiel der Unterricht häufig aus, weil die Lehrer nicht erschienen. An anderen Tagen konnte er nicht zur Schule gehen, weil es zu Hause nichts zu essen gab und er sich wegen des ihn plagenden Hungers nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte. Die Mutter blieb mit sieben weiteren Kindern im Dorf zurück. Eine Woche (!) nach dem Umzug verunfallte der Vater und wurde notfallmäßig im Annunciation Specialist Hospital eingeliefert. Weil sich weder die hierüber informierte Mutter noch andere Verwandte in der Lage sahen, für die Kosten aufzukommen, strandeten Vater und Sohn auf der chirurgischen Station. Es gab kein Bargeld, die beiden waren auf Spenden von Mitpatienten angewiesen. Schließlich wurde ich von der Pflegedienstleitung auf die prekäre Situation hingewiesen. Von da an kam Izu täglich 3mal täglich zu uns zu den Mahlzeiten gemäß der Gesetzmäßigkeit „wo 10 satt werden, werden auch 11 satt“. Er fiel uns auf durch seine unendliche Hilfsbereitschaft, durch seinen umwerfenden Humor, seine ansteckende Fröhlichkeit und durch seinen Wissensdurst. Als wir ihn fragten, was seine Träume seien, wenn er eine Schulbildung durchlaufen könne: Arzt. Zweite Wahl: Rechtsanwalt. Er wolle nichts mehr als lernen, wisse, dass Bildung seine einzige Chance sei. Dies aus dem Mund eines 13jährigen Dorfjungen zu hören, veranlasste uns, ihn zu fragen, ob er sich vorstellen könne, bei uns einzuziehen und sich den Regeln der Hausgemeinschaft zu unterwerfen. Er konnte. Inzwischen sind fünf Wochen vergangen, seit er zum ersten Mal hierherkam, seit 3 Wochen lebt er dauerhaft hier und er tut uns allen sehr gut. 

Mit großer Freude kann ich mitteilen, dass sich für ihn bereits eine Patin gefunden hat. Herzlichen Dank nach Stuttgart, liebe Isabelle!

Als wir den Vater nach abgeschlossener Behandlung wieder nach Hause brachten, lernten wir Chekwube, die 13jährige Schwester von Izu kennen. 

Bild: Chekwube

Ich schwanke zwischen Wut und Traurigkeit. Auch Chekwube wurde vom Schicksal bislang nicht mit Samthandschuhen angefasst. Es ist durchaus üblich, dass Eltern ihre Kinder in einen fremden Haushalt geben. Immer wird aus dieser Ecke versprochen, dass das Kind zur Schule gehen darf. Die Realität sieht in aller Regel mehr als düster aus: Chekwube hat bereits zwei „Stellen“ absolviert. Auf der ersten musste sie auf der Straße Wasser in Plastikbeuteln verkaufen. Das heißt, mit einem Tablett auf dem Kopf am Straßenrand auf- und abgehen und den vorbeifahrenden Autos diese Beutel zum Kauf anzubieten. Den ganzen Tag über den Auspuffgasen, der Hitze und der Konkurrenz der anderen Kinder ausgesetzt zu sein, ist kein leichtes Los. Da Chekwube sehr schüchtern ist, hatte sie es sicherlich extrem schwer in diesem Gewerbe. Und die „Aunty“ ist nicht begeistert, wenn der Umsatz nicht stimmt. Schließlich gilt das ganze Unternehmen ja dem Gelderwerb. Vermutlich hat sie sich nicht in erwartetem Umfang rentiert und wurde deshalb wieder nach Hause geschickt. Schulbesuch? – Fehlanzeige.

An der zweiten Stelle wurde sie im Haushalt eingesetzt. Nachdem sie nach einjährigem Aufenthalt langsam in die Pubertät kam, hatte die zweite „Aunty“ Angst um die Tugend ihres Ehemannes, hat Chekwube deshalb kurzerhand wieder zu Hause abgeliefert. Kleine Mädchen, die ihre Stelle einnehmen, um die Wäsche zu waschen, zu putzen und auf die Kinder aufzupassen, gibt es genügend. Sie werden die entstandene Lücke umgehend schließen.  Da für einen weiteren Schulbesuch in der Familie kein Geld zur Verfügung steht, wäre Chekwube mit großer Wahrscheinlichkeit  so schnell wie möglich verheiratet worden.

Jetzt ist sie hier und geht ab Dienstag zur Schule. So langsam taut sie auf, die drei Mädchen bauen ein ernst zu nehmendes Gegengewicht zu den 9 Buben auf.  


Bild: Mmesoma „spezial"
Ich bin nicht einfach gestrickt – ich hab‘ auch Puschel!(die samstägliche Rasur des Haupthaares wurde durch das Eintreffen des Musiklehrers für mehrere Stunden unterbrochen.)











Grundsätzlich suchen wir vier weitere Paten, und zwar für die 15jährige Iruoma, den 12jährigen Ifechukwu und den 6jährigen Chibuikem, weiter für die 13jährige Schwester von Izuchukwu, Chekwube. Wenn Sie sich / Du dich angesprochen fühlen/fühlst , gibt es unter der Rubrik „Patenschaft“ nähere Informationen. Sie können / du kannst aber auch einfach eine mail an mich schreiben. 


Ende der letzten Woche ging das zweite Trimester des aktuellen Schuljahres zu Ende. Mit Stolz berichte ich, dass sich fast alle im schulischen Bereich enorm gesteigert haben. Endlich passiert das, worauf ich lange wartete: sie lernen den Wert des Lernens kennen. Promise wurde Zweiter in seiner Klasse, auch alle anderen sind zum Teil sehr erfolgreich. Lediglich Okwudili kann seinen Wunsch, in die nächste Stufe der Sekundärschule aufzusteigen, vermutlich nicht verwirklichen. Aber er hat eine Lehrstelle als Maler, womit er auch zufrieden ist. 

Jede Woche am Samstagvormittag erfüllen (überwiegend) harmonische Klänge das Haus: Ugochukwu sen. kommt, um den Kindern Musikunterricht am Keyboard zu erteilen. Inzwischen hat er eine sehr große Klasse mit 11 Kindern zu betreuen. Ich bewundere seine Geduld und Hingabe, jedem einzelnen gerecht zu werden. Inzwischen ist er ein wirklich guter Freund des Hauses.







Ende März haben wir drei Geburtstage gefeiert. Chiadi wurde 7 Jahre alt, Iruoma 15 und Promise 17. Keine Chance für Langeweile.


Haus und Hof

Im und ums Haus herum sind ständig Instandhaltungsarbeiten zu erledigen. Es regnet durch’s Dach, vor zwei Tagen erwachte ich bei strömendem Regen auf einem nassen Kopfkissen. In den nächsten Tagen werden die Schäden behoben werden. 

Dafür explodiert das Wachstum im Garten: unser Avocado-Baum (Bild rechts) ist inzwischen stolze 6 m hoch, auch die Kokosnuss-Palme (Bild unten) entschließt sich endlich, zu wachsen. Dafür weiß die Ananas nicht so richtig, was sie will. 

Chioma hat sich mit einer Aloe Vera eine Kosmetik-Ecke eingerichtet (Bild unten links) und voll Optimismus einen Orangenbaum gepflanzt, der über das embryonale Stadium aber noch nicht hinausgekommen ist (Bild unten rechts). 


Beim Avocado-Baum fragen wir uns täglich: Männlein oder Weiblein? Bislang hat er trotz seines hohen Wuchses noch keine Früchte hervorgebracht. Einige Stimmen sagen: „Hackt ab, das lohnt sich nicht“. Chioma und ich tendieren jedoch zum Belassen, und zwar aus verschiedenen Gründen: Chioma: „Dieser Baum ist weiblich, ich weiß das. Wir müssen nur Geduld haben.“ Ich: argumentiere anders: zum einen können wir in Bälde an seinen starken Ästen einen Hängesitz anbringen; er mutiert zum idealen Kletterbaum für die Kinder; und niemand garantiert mir, dass ein weiterer Versuch eine „Sie“ hervorbringt. 


Mehr Billder vom Garten in der Fotogalerie (hier klicken)



Gesundheitsfürsorge

Augenklinik / ASH:

Hier kann leider noch kein Durchbruch verkündet werden. Von meiner Seite aus ist alles vorbereitet, es wurde aber von Seiten der Kongregation der Daughters of Divine Love noch keine Genehmigung zum Bau erteilt. Ich bin insofern reichlich frustriert, als mit der Inbetriebnahme der neuen augenärztlichen Ambulanz für die Kranken eine maßgebliche Verbesserung in der Versorgung entstünde. Ende der letzten Woche wurde mir ein weiteres Mal angekündigt, dass die Entscheidung zum Greifen nahe sei. Hoffentlich entspricht sie den von Herrn Dr. Eckert gemachten Vorgaben. 

KuKuk war in Emene

und kommt wieder! Zwar wurde der Antrag bei der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit abgelehnt, dennoch wird das im letzten Rundbrief angekündigte Projekt in Angriff genommen. Der nächste Termin steht bereits: am 26. April 2018 fliegen sie wieder ein, dieses Mal zum Bau eines neuen Spielplatzes auf dem Gelände der Inclusions-Schule, in die auch unsere Kinder gehen. Vernetzung ist eine wunderbare Sache, ohne Zweifel. Im Verlauf des Mai wird die Dokumentation auf unserer Website vorgestellt werden. 


Was gibt es sonst noch im Südosten Nigerias?

Das bereits mehrfach geschilderte Fortschreiten der Armut hält an. 

Viele Menschen können nur noch einmal täglich eine Mahlzeit zu sich nehmen. Solche Schilderungen belasten mich sehr. Armut gebiert Krankheit an Leib und Seele, was an der zunehmenden Anzahl psychisch Kranker auf den Straßen sichtbar wird. Auch hier besteht massiver Handlungsbedarf. Es gibt allerdings einen Silberstreif am Horizont. Eventuell kann ich bereits im nächsten Rundbrief über eine positive Entwicklung berichten. 

Ich neige von jeher zu Tagträumen. Ab und zu verwirklicht sich eine meiner Wünsche, im Fall der blinden Pauline hat es bislang leider nicht funktioniert. Durch die rapide wachsende Anzahl der Kinder gibt es einfach keinen freien Platz im Haus, an dem sie adäquat leben könnte. Daher bleibt mir nur, weiterzuträumen: vielleicht gibt es ja irgendwo jemanden, der bereit und in der Lage ist, uns den Kauf eines Nachbargrundstückes und den Bau eines weiteren Hauses zu finanzieren? Oder eine Gruppe, die sich zusammentut? Bei OLILEANYA stirbt die Hoffnung wirklich zuletzt. Und uns sind schon so viele Wunder begegnet, dass ich ein weiteres keineswegs ausschließen möchte, es vielmehr ausgesprochen dankbar annehmen würde. 

Vor einigen Tagen gespensterte ein kleines Video durch die Medien: im Norden Nigerias kam es während des Freitagsgebetes zu verbalen Attacken gegen Präsident Buhari. So gut es wäre, wenn sich dieser Scheinpräsident endgültig in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden würde, so problematisch wäre sein Abgang: es gibt keine Alternative. Darin sind sich all meine Gesprächspartner einig, mit denen ich mich zu diesem Thema unterhalte. Wir warten ab. Allerdings eignet sich Igbo-Land trotz aller Probleme nicht zu gespenstischer Stille: Ich wundere mich täglich darüber, überwiegend lachenden Menschen zu begegnen. Sie glauben an die Hilfe Gottes, der sie von Tag zu Tag tragen wird und nicht zulässt, dass sie mehr zu bewältigen haben als möglich. 

In Deutschland geht der Winter zu Ende, in Emene die Trockenperiode. Wenn es regnet, fällt schon reichlich Wasser vom Himmel, was wir alle sehr begrüßen. Der Staub wird aus der Luft gewaschen, die Natur erwacht zu neuem Leben, die Farben leuchten. Ich bereite mich sehr behutsam auf meinen diesjährigen Deutschlandaufenthalt vor. Ein Vortragstermin ist bereits gebucht, ein Ansporn, sich dieser Zeit anzunähern. 

Herzliche Grüße aus Emene, in dem momentan auch die Mangos vom Himmel fallen!*

Ihre / Deine 

Gabriele Ayivi

07.04.2018

Fotos:  
oben: wir werden alle Marmelade
unten: kein Problem ohne Lösung



Hier geht es zur Bildergalerie vom April 2018





Brief von Gabi Ayivi vom 18.01.2018

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützer von Olileanya,

der heutige Brief wird ein sehr kurzer sein. Manchmal bekomme ich Rückmeldungen in der Richtung, dass die Berichte zu „textlastig“ seien. Diese Kommentatoren können sich beruhigt zurücklehnen – ich werde sehr reduziert formulieren.

Warum? – nicht etwa, weil es nichts zu berichten gäbe, im Gegenteil. Aber alles ist im Fluss, momentan habe ich nur zwei konkrete Themen, die mich von nachdenklich bis zu hoffnungsvoll  stimmen:

Der Gestalter des diesjährigen Kalenders hat nahezu prophetisch als Titel „alles wächst“ gewählt. Stimmt. Nachdem  Anfang November 2017 Ugochukwu aufgenommen wurde, zog Mitte Dezember seine 14jährige Schwester Cynthia Irhuoma nach und – zur Abrundung des  Trios – vor einer Woche der 6jährige Bruder Valentine Chibuike. Jetzt sind drei Geschwister wieder zusammen, ein 12jähriger Bruder lebt bei Verwandten – bisher hat mir niemand so richtig erklärt, bei wem.  

Was mich sehr nachdenklich macht: Ugochukwu hat mit 10 Jahren bereits ein ausgeprägtes Glaukom, das bislang unbehandelt blieb. Nachdem er mit einer Brille versorgt ist und damit normal sehen kann (parallel dazu erhält er Medikamente, die den Krankheitsverlauf verzögern) , läuft er in der Schule zur Hochform auf. Er ist sehr ehrgeizig und ausgesprochen clever. Meine Überlegung war, dass die Geschwister nach dem schweren Trauma durch den Tod der Mutter vor 9 Monaten und die schwere Erkrankung des Vaters nicht noch eine zusätzliche Belastung aufgebürdet bekommen sollten, indem sie in alle Winde zerstreut werden. Außerdem tut es unserer Gemeinschaft gut, wenn auch Kinder ohne körperliche Beeinträchtigung hier leben. Dachte ich. Gestern nun stellte sich bei Valentine im Rahmen einer Vorstellung beim Augenarzt heraus, dass er sehr stark kurzsichtig ist. Nun wird er so schnell wie möglich mit einer entsprechenden Brille versorgt. Insofern betrachte ich es als Fügung, das ausgerechnet diese Kinder zu uns stoßen, nachdem unser zweiter Schwerpunkt neben der Betreuung von hiv-positiven  Kindern von Anfang an die augenärztliche Versorgung war (die Verdachtsdiagnose wird in den nächsten Tagen überprüft und das weitere Vorgehen geplant werden).  

Cynthia scheint körperlich gesund zu sein. Sie hat durch den Tod der Mutter  aber massive seelische Schäden davon getragen. Als ältestes Kind und einziges Mädchen wurde ihr deren Rolle übertragen, außerdem wurde die insgesamt desolate Situation der Familie durch das tragische Ereignis offensichtlich:  der Vater leidet bereits über einen langen Zeitraum an einer Tb, die inzwischen sehr weit fortgeschritten ist. Befallen ist die Wirbelsäule, vermutlich ist bereits eine Hirnbeteiligung eingetreten. Als ich ihn das erste Mal sah, dachte ich, dass er das bevorstehende Wochenende nicht überleben wird (die inzwischen 2monatige Therapie zeigt nun eine leichte Besserung). Cynthia hatte keine Chance, den Tod der Mutter nur auch ansatzweise zu verarbeiten – sie musste die Versorgung des immer schwächer werdenden Vaters und der jüngeren Geschwister übernehmen, konnte die Schule nicht mehr regelmäßig besuchen. Aufgrund ihrer zarten Konstitution war sie für diese Aufgabe denkbar ungeeignet. Das Leben auf dem Dorf in großer Armut und unter desolaten hygienischen Bedingungen runden das Bild des kompletten Elends ab. Es ist ein absoluter Glücksfall, dass der jüngere Bruder des Vaters Ugochukwu in seiner Familie aufnahm, damit nach Enugu holte und dem Augenarzt des Annunciation Specialist Hospital vorstellte, der wiederum mit mir Kontakt aufnahm. So hat die Katastrophe zumindest für drei der Geschwister ein Ende.

Für uns heißt es jetzt aber, zwei neue Paten zu finden, und zwar für die 14jährige Cynthia und ihren 6jährigen Bruder Valentine. Wenn Sie sich / Du dich angesprochen fühlen/fühlst , gibt es unter der Rubrik „Patenschaft“ nähere Informationen. Sie können / du kannst aber auch einfach eine mail an mich schreiben. 

Das gestern aufgenommene Bild zeigt deutlich, wie entspannt die Kinder bereits nach der sehr kurzen Zeit der Veränderung ihrer Lebensbedingungen sind. Seit gestern besuchen Cynthia und Valentine wieder die Schule und sind darüber sehr glücklich. 












Uneingeschränkte Freude bringt das ebenfalls seit gestern bekannte Laborergebnis von Henry Chiadi, unserem jüngsten Kind und absoluten Sonnenschein, mit sich. Der Wert der Helferzellen ist auf ein Niveau angestiegen, das im Bereich eines gesunden Kindes liegt. Ich bin unendlich dankbar dafür. Deutlich wird damit aber auch, wie sehr der Erfolg einer medikamentösen Behandlung vom Lebensumfeld abhängt: Henry wurde relativ bald  nach Bekanntwerden der Diagnose einer Therapie zugeführt und unmittelbar danach bei uns aufgenommen. In den vergangenen 17 Monaten seines jungen Lebens bekommt er zuverlässig eine ausgewogene und  reichhaltige  Ernährung, er wird umsorgt und geliebt. Dies schlägt sich in dem Erfolg der Behandlung nieder. Chioma und ich sind sehr glücklich.   









Im letzten Rundbrief hatte ich von einer beängstigenden Situation in Tochukwus Gesundheit berichtet. Er hatte massiv Blut im Urin, eine Blasenspiegelung war durchgeführt worden. Vier Wochen (!) später lag das histologische Ergebnis vor: Tochukwu litt vermutlich seit Jahren an einer Bilharziose, an einer tropischen Infektionskrankheit. Die Larven der sog. "Pärchenegel" leben in Süßwasser und dringen bei Kontakt durch die Haut ein. Vermutlich hat er sich beim Baden in seinem Heimatdorf infiziert. In den meisten Fällen, wie auch bei Tochukwu, ist der Urogenitaltrakt befallen. Die Behandlung mit Tabletten über einen Tag hinweg hat das Problem beseitigt. 

Zum Schluss kommen die Danksagungen, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole (da muss die geneigte Leserin / der geneigte Leser jetzt durch):

Der Erfolg unserer Arbeit steht und fällt mit der Unterstützung aus Deutschland, entweder durch Geldspenden oder durch ermutigende Worte. Für beides bin ich täglich dankbar. Ich habe diese Abteilung vor Weihnachten einfach nicht mehr geschafft, die Planung und Organisation der  ärztlichen Versorgung des Tb-kranken Vaters war bzw. ist immer noch extrem zeitaufwendig und belastend. Deshalb gibt es das Bildle der Heilig-Abend-Stimmung im Annunciation Specialist Hospital auch erst jetzt. Hierfür bitte ich um Nachsicht. 


Und natürlich wünschen wir  all the people abroad alles, alles Gute für das noch sehr junge 2018: eine möglichst stabile Gesundheit, Zufriedenheit bis hin zu absoluten Glücksmomenten, Erfolg im Beruf, Gelassenheit und jede Menge Frieden. 

Herzliche Grüße aus dem aktuell extrem staubigen und „kalten“ (nachts unter 25 Grad C) Emene 

Ihre / Deine 


Gabriele Ayivi

18.01.2018




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