Vor Ort in Nigeria 2019



Brief von Gabi Ayivi vom 27. November  2019:

Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
liebe Unterstützerinnen und Unterstützer von Olilanya und
liebe alle, die ganz aus Versehen auf der Suche nach irgendwas über unsere Website stolpern und – glücklicherweise – darin hängen bleiben.

Herzlich willkommen mit dem Plakat, mit dem wir für die diesjährigen Sommer-Veranstaltungen geworben haben und auf dem wir alle gut sichtbar dargestellt sind. Nichts bleibt allerdings, wie es ist. Deshalb wurde es der aktuellen Situation angepasst. In der Mitte sind die drei „Macher“ unseres Alltags abgebildet; Chioma, die überwiegend für den Haushalt zuständig ist, also kocht, wäscht, die Kinderschar dirigiert; Dr. Obinna Jude Aninwada, unser Hausarzt, der nahezu täglich irgendwelche Beschwerden zu therapieren hat, und mich selbst als diejenige, die organisiert, um alles kreist, sich ebenfalls um die Belange der Kinder und des Haushalts kümmert sowie um Probleme, die darüber hinaus an uns herangetragen werden, und die den Kontakt zur Außenwelt aufrecht erhält.

Seit dem letzten Rundbrief hielt ich mich mehr als zwei Monate in Deutschland auf. In dieser Zeit habe ich überwältigende Unterstützung und Zuwendung erfahren. Danke an alle, die mir geholfen haben: Ich beginne mit den beiden Frauen, die mir Obdach und Ansprache gewährten für zwei lange Monate, die sich geduldig meine Sorgen und Nöte anhörten und meine Freuden mit mir teilten! Ihr seid wunderbar! – Mein zweites Büro in der unteren Hauptstraße, mit gratis angeliefertem Kaffee, musikalischer Untermalung und Ratschlägen in jedwede Richtung. Was würde ich ohne dich anfangen, großer B.! - Meine Zahnärztin, die meine Traumata aus der Kindheit souverän beiseite wischt und mich für die kommenden 12 Monate präpariert. Danke! - Mein Friseur, der den in 10 Monaten der Vernachlässigung entstandenen Wildwuchs auf dem Kopf kommentarlos in Ordnung bringt – und last not least Mr. I-Doc, ebenfalls in der unteren Hauptstraße in Rottweil, der mich in meiner Ahnungslosigkeit auf dem Sektor Computer- und Telefon-Crashs vor der absoluten Verzweiflung bewahrte. Nicht vergessen sind all die anderen, die meine Vortragsreise betreuten und organisierten, die mich übernachten ließen, die mir einen Kaffee machten, deren WLAN ich nutzen durfte usw. usf. Ohne euch wäre Deutschland wesentlich weniger liebenswert und attraktiv. Ich freue mich auf den Sommer 2020! 

Bild: Vortrag in Bingen im August 2018



Dringende Hinweise:

Wir bekommen erfreulich großzügige Spenden, die den Betrag von 200.- Euro teilweise übersteigen. Bis zu dieser Summe genügt die Vorlage der Überweisung beim Finanzamt, um die Spende von der Steuer abzusetzen. Leider fehlt auf vielen Überweisungen die Angabe einer Adresse. Da solche Zuwendungen teilweise von uns völlig unbekannten Menschen erfolgen, kann ohne diese Information keine Spendenbescheinigung erstellt werden.

Da wir mittlerweile in so vielen diversen Bereichen aktiv sind, haben wir unterschiedliche Sparten in unserer Buchhaltung eingerichtet. Wir bitten darum, jeweils Ihre Spende einem Bereich zuzuführen, den Sie unterstützen möchten. Das kann das Lepra-Camp sein oder die Augenklinik – für die gibt es sogar eine eigene Konto-Nr. Ein weiterer Bereich gilt der allgemeinen medizinischen Versorgung. Eines der Stichworte genügt, um gezielt zuordnen zu können. Alles ohne Bezeichnung kommt in den großen Topf. Vielen Dank für diese Hilfstellung.

Grundsätzlich geht ein riesiges DANKESCHÖN an alle, die uns helfen. Es ist nicht selbstverständlich. Aber ohne dich / Sie könnte dieses Haus nicht unterhalten werden. Daneben finden zahlreiche, sehr kreative Aktionen statt, die mein Herz erfreuen. Und jeder positive Gedanke, den Sie an uns schicken, kommt als wertvoller Impuls hier an, das ist sicher.

Ich habe sehr lange gebraucht, um diesen Rundbrief zu schreiben. Dies hängt damit zusammen, dass sich bereits vor meiner Rückkehr aus Deutschland dunkle Wolken über Enugu zusammenballten. Mittlerweile liegen sie im übertragenen Sinne über ganz Nigeria. Schlechte Nachrichten sind Teil unseres Alltags geworden. Ich habe den Luxus, mich mit Einheimischen über die Situation austauschen zu können. Als Außenstehende würde ich sonst Gefahr laufen, Dinge falsch zu interpretieren und entsprechend falsch zu informieren. Deshalb frage ich immer erst einmal nach, wie Nachrichten beurteilt werden sollen, wie sich die Auswirkung von Maßnahmen auf die Bevölkerung niederschlägt. Ich habe diese drei einschneidenden Veränderungen bewusst an das Ende dieses Briefes gestellt und die Themen, die unmittelbar mit OLILEANYA zu tun haben, in bekannter Weise an den Anfang. Dennoch möchte ich betonen, dass nichts isoliert betrachtet werden kann, alles hängt miteinander zusammen und hat auch Einfluss auf unseren Alltag.

Haus Nno:

Bild: Rückkehr nach Hause, Fluß beim Anflug auf Port Harcourt: 

Anfang Oktober haben wir ein weiteres Kind aufgenommen, Immaculata Chidiogo, die im Dezember 7 Jahre alt wird. Eigentlich kennen wir Immaculata schon lange, hatten aber nur wenig Kontakt zu ihr. Sie ist die Nichte von Promise, einem unserer ersten Kinder, Tochter seiner ältesten Schwester Gineka. Diese hatte während meiner Monate in Deutschland, wie schon mehrfach, ihre Medikamente abgesetzt, auf die sie wegen einer seit Geburt bestehenden HIV-Diagnose dringend angewiesen ist, war auf 35 kg abgemagert und mit ihrem Blutbild in verheerende Werte gerutscht. In kritischem Zustand kam sie kurz vor meiner Rückkehr nach Nigeria ins Annunciation Specialist Hospital (ASH), wo ein nächster Versuch der Behandlung unternommen wurde. Als ich Mitte September davon erfuhr, haben wir sie zu uns geholt, um sie aufzupäppeln, dies vor allem mit Blick auf Promise, der unter den Umständen extrem leidet. Es war für ihn eine wesentliche Entlastung, seine Schwester mit betreuen zu können und sie gut versorgt zu wissen. Aus eigener Kraft und ohne finanzielle Mittel war Gineka, nach eigenen Angaben 30 Jahre alt, nicht in der Lage, sich entsprechend zu ernähren und zu versorgen, auch an eine sinnvolle medikamentöse Behandlung wäre nicht zu denken gewesen. Dr. Aninwada war skeptisch, ob sie sich von diesem letzten Therapieabbruch erholen wird. Im nächsten Schritt haben wir sie gebeten, eine ihrer Zwillingstöchter zu bringen. Ihre zweite Tochter wurde bereits innerhalb des Dorfes bei anderen Leuten untergebracht. Die Großmutter/Urgroßmutter ist nicht mehr in der Lage und auch nicht mehr willens, diese Last zu tragen. Mit dieser Tatsache wurden wir drastisch konfrontiert, als Immaculata bei uns eintraf. Sie wog Anfang Oktober 10 kg (bei einem Sollgewicht von 21 kg), ist 104 cm groß, was der Größe einer 4Jährigen entspricht. 

Bild: Immaculata Chidiogo

Mit ihren fast 7 Jahren hat sie noch nie einen Kindergarten oder eine Schule besucht, ist vor allem in körperlicher Hinsicht sehr vernachlässigt. Zwar ist sie nicht HIV-positiv, aber sie war dazu verurteilt, in den anderen Bereichen das Schicksal ihrer Mutter und ihres Onkels Promise zu teilen. Wir haben uns vergeblich darum bemüht, für sie eine alternative Unterbringung zu finden. So haben wir uns entschlossen, sie bei uns zu behalten, obwohl wir eigentlich keinen Platz mehr haben. Sie ist ein sehr ruhiges, aber fröhliches und aufgeschlossenes Kind, das in den letzten Wochen um erfreuliche 11 kg an Gewicht zugenommen hat. Seit drei Wochen geht auch sie begeistert in den Kindergarten, genießt die Gesellschaft der anderen Kinder. 

Ihre Mutter haben wir nach vier Wochen der intensiven Versorgung vor einigen Tagen in die eigene Verantwortung entlassen, nachdem sie sich weitgehend stabilisiert hatte und nicht mehr in einem lebensbedrohlichen Zustand befand. Allerdings wird sie weiterhin Unterstützung benötigen, um nicht ein nächstes Mal aus einem Gefühl der Aussichtslosigkeit heraus ihre Medikamente wieder abzusetzen. Beliebig oft kann ihr ohnehin sehr labiles Immunsystem solche Eskapaden nicht kompensieren. Im Moment ist sie einsichtig. Sie benötigt jedoch Unterstützung in der Planung einer Zukunft, die für sie erstrebenswert erscheint. Deshalb suchen wir auch für sie einen Paten / eine Patin oder eine Gruppe von Menschen, die sich die Kosten teilt. Mit finanzieller Unterstützung können wir für sie in unserer Umgebung ein kleines Appartment anmieten und eine Ausbildung finanzieren. Sie möchte, wie Okwudili, eine Schneiderlehre beginnen. Wer sich dafür interessiert, kann sich bei mir melden. Ich werde dann über weitere Details zu ihrer tragischen Biografie informieren.

Bild: Gineka

 


Somit suchen wir ab sofort eine Patin/ einen Paten für Imaculata und/oder eine Gruppe unterstützender Personen für ihre Mutter. Wie zu sehen ist, sind die Herausforderungen vielfältiger Art. Ohne großzügige, nicht sach- oder personenbezogene Spenden wäre es uns nicht möglich gewesen, zwei weitere Personen über einen noch nicht abzusehenden Zeitraum hinweg mit zu versorgen.  Wenn Sie sich / Du dich angesprochen fühlen/fühlst , können Sie/ kannst du eine mail an mich schreiben. Grundsätzlich nimmt das Thema der HIV-Infektionen im Moment viel Raum ein in unseren Überlegungen, es macht uns große Sorgen (siehe auch Gesundheitsfürsorge).

Während meiner zweimonatigen Abwesenheit wurde das Haus von einer Windpocken-Epidemie heimgesucht. Dr. Aninwada war im Dauereinsatz, um jeden neu aufgetretenen Fall zu versorgen. Ganz zum Schluss hat es Chioma erwischt. Gott sei Dank hat Okwudili diese Krankheit wohl bereits durchgemacht, er konnte das „Spital“ weitgehend neben seiner Arbeit betreuen.

Bild: Hanna, eingepudert.









Okwudili hat mit seiner Ausbildung zum Schneider ab Februar 2019 eine sensationelle Entwicklung gemacht. Er lernt begeistert und macht riesige Fortschritte. Mittlerweile hat er sich im Nähzimmer des Hauses einen eigenen Arbeitsplatz eingerichtet, ist dort oft schon ab 6 Uhr morgens anzutreffen. Er übernimmt nicht nur alle Flickarbeiten für seine Mitbewohner, sondern näht für sich selbst und die anderen Jungs Hemden und kurze Hosen. Wir, Chioma und ich, dürfen allenfalls noch Hilfsarbeiten ausführen wie z.B. abgefallene Knöpfe wieder annähen.

Bild rechts: Arbeitsplatz vor der Werkstatt. 
Bild rechts unten: Unser Schneiderlein und seine Kunden






Fast alle Kinder sind im schulischen Bereich auf der Überholspur. Tochukwu hat eine Auszeichnung bekommen: er war der Beste seines Klasse mit 34 SchülerInnen; Promise konnte eine Klasse überspringen; auch Iruoma, die „große“ Mmesoma und Chibuike haben Belobigungen erhalten.

Nicht nur in dieser Hinsicht kann ich mich über die Erfolge des letzten Jahres freuen. Alle Kinder sind zu einer stabilen Gemeinschaft zusammengewachsen. Die neu Hinzugekommenen werden willkommen geheißen, die kleinen Mädchen werden von den größeren Buben verhätschelt. Der Umgang untereinander ist ausgesprochen liebevoll. Dass nicht immer alles gänzlich reibungslos abläuft, dürfte bei einer hohen Anzahl von Kindern in der beginnenden, voll blühenden und auslaufenden Pubertät klar sein. Zu diesem Zweck haben wir ca. einmal wöchentlich stattfindende Meetings eingeführt, in denen Probleme erörtert, Korrekturen erarbeitet und ggf. neu angepasste Regeln vorgestellt werden.

Zu unserem großen Leidwesen geht ein Elektrogerät nach dem anderen im Moment in die Knie. In dieser Woche ist unsere altgediente Waschmaschine, die schon im Zimmern viele Jahre treu ihre Trommel drehte, endgültig in den Ruhestand getreten. Es besteht aber Hoffnung: In dem Bus, der für AKIRINJA* gekauft wurde, schwimmt aktuell hoffentlich eine neue Maschine nach Lagos. Ich hatte sie bereits im Sommer in Rottweil gekauft, weil ein Ende des alten Geräts abzusehen war. Jetzt hoffen wir auf ein baldiges Eintreffen. Die Waschorgien (siehe Bilder) sehen zwar sehr romantisch aus, sind aber sehr zeitraubend. Außerdem ist der Verbrauch an Wasser und Waschpulver ungleich höher als bei Maschinenwäsche. Andererseits ist es schon sensationell, welchen Ideenreichtum die Kinder an den Tag legen, wenn es um eine Erweiterung der Wäscheleinen geht. Alles wird herangezogen: Die Bäume, die Palme, es entstehen sensationelle Konstruktionen aller Leitern, die im Haus zur Verfügung stehen.























Spätestens bei der Auswahl von Trinkflaschen und Essensbehältern für die Schule und bei den Tassen für die Frühstücks-Ovomaltine dürfte klar sein: wir mögen es bunt! Knallbunt. So wie unser diesjähriger Kalender: Fröhlich, ein bissle verrückt, aber eines auf keinen Fall: langweilig.






Backorgie am Samstagabend










Sonntagmorgen, Schneckennudeln mit Kokosflocken (links) und mit Rosinen (rechts)


Schälen von Melonenkernen


Bild: die drei kleinen Mädchen: Mmesoma klein, Imaculata Chidiogo, Hanna (von links)


Hanna Ukamaka, stolze 3 Jahre alt

Zum Anhören auf das Bild klicken
Hanna und Mmesoma: „We know we are, we are sure we are, we are h.a.p.p.y - HAPPY!

*AKIRINJA
ist eine Hilfsorganisation, gegründet von Rev.-Fr. Dr. Benet Obinna Ugwu. Er ist gleichzeitig unser Poet, der die Fotos des OLILEANYA-Kalenders mit Texten versieht. Der Traum von Fada Benet ist der Aufbau einer psychiatrischen Reha-Einrichtung in Enugu-State. Im letzten Sommer wurde vom OLILEANYA-Vorstand offiziell eine enge Zusammenarbeit mit AKIRINJA beschlossen, seit 2 Jahren besteht bereits eine deutsche Niederlassung des Vereins.


Gesundheitsfürsorge

HIV

In der Behandlungseinheit des ASH für HIV-positive und aidskranke Patienten werden auch infizierte Kinder und Jugendliche betreut, die das Virus durch ihre kranken Eltern übertragen bekamen und es seit Geburt in sich tragen. Einmal monatlich trifft sich diese Gruppe zu einer Veranstaltung, in der über das Wesen und die Behandlung der Erkrankung informiert wird. Lt. Okwudili, der wegen Personalknappheit zusammen mit Promise selbst eine Art „Schulungsrolle“ übertragen bekam, sind es mehr als 80 Kinder und Jugendliche, die zum Teil von weither zu diesen monatlichen Treffen kommen. Zwischen 30 und 40 Betroffene nehmen regelmäßig teil. Wie viele insgesamt registriert sind, ist mir nicht bekannt. Die Mitarbeiterinnen halten sich in der Hinsicht relativ bedeckt. Die Schulung umfasst Bereiche wie die ordnungsgemäße Einnahme der Medikamente, Hygiene, Verhalten im Falle einer Verletzung, Verhaltensregeln bei Sexualkontakten, Drogenmissbrauch etc. Dazu muss man wissen, dass aufgrund des teilweise sehr langen Zeitraumes, die den Schulbesuch und/oder eine Berufsausbildung umfasst, der Begriff „Jugendlich“ bis zum Alter von 30 Jahren benutzt wird. Über die Dunkelziffer von nicht bekannten Erkrankten können nur Mutmaßungen angestellt werden. Sie dürfte in die Tausende gehen. Täglich kommen infizierte Kinder zur Welt, deren Eltern über die in ihnen tickende Zeitbombe nicht Bescheid wissen.

Erschreckend ist, dass die Leistungen zur Behandlung und von Laboruntersuchungen seit Jahren kontinuerlich heruntergefahren werden. Daneben werden die Medikamente wegen bestehender Engpässe laufend umgestellt. Labor-kontrollen werden nur noch halbjährlich vorgenommen, eine aussagekräftige Verlaufskontrolle über die Wirksamkeit der Medikamente bzw. deren zuverlässige Einnahme wird dadurch verunmöglicht. Seit einigen Monaten werden diese „Leistungen“ durch die weit entfernte Uni-Klinik erbracht, der Transfer der Ergebnisse erfolgt – wenn überhaupt – nach ca. einem halben Jahr, ständig muss nachgebohrt werden. Dies verzögert eine eventuell notwendig werdende Umstellung der Medikamente in unerträglichem Ausmaß.

Letzte Woche fand unter großem Getöse in Enugu eine Konferenz unter Teilnahme des Governors und eines US-Botschafters, der katholischen Kirche in Gestalt von Caritas und Priestern statt. Markige Worte wurden gesprochen und veröffentlicht, allumfassende Verbesserungen angekündigt, vor allem eine großzügige Erhöhung der zur Verfügung gestellten Gelder zur Aufstockung von Personal und medizinischen Leistungen. Wie so oft wird es vermutlich beim Sturm im Wasserglas bleiben. Wer, wie wir, fünf betroffene Kinder und Jugendliche versorgt, ist tief besorgt. Promise und seine Schwester Gineka müssen laufend motiviert werden, die Medikamente einzunehmen, um einen einigermaßen zu vertretenden Wirkspiegel zu erreichen. Dieses Bemühen zeitigt mal mehr, mal weniger Erfolg, bei Gineka lief es absolut ins Chaos (siehe oben). Dieser Bereich unserer Arbeit ist mühsam und frustrierend.

Augenzentrum Dr. Eckert, Nigeria /
Annunciation Specialist Hospital:

Während meines Deutschland-Aufenthaltes wurde mit dem Innenausbau begonnen. Fußböden und – wo erforderlich - Wände wurden mit Fliesen versehen. Elektrische Leitungen wurden verlegt, Rohre für die sanitären Anlagen und die Waschbecken in den Untersuchungsräumen. Dennoch gibt es noch sehr, sehr viel zu tun. Beim Spendenaufkommen für den Bau der Ambulanz gibt es – mit Verlaub – noch viel Luft nach oben. Dagegen ist die Unterstützung für Operationen und Behandlung unverändert hoch. Ohne die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Gebäudes können wir jedoch die medizinischen Leistungen nicht hochfahren. Die Räume sind zwar vorbereitet, es fehlt aber noch an allen Ecken und Enden. Im Moment besteht eine Finanzierungslücke von 20.000 Euro. Weiter hinten werde ich schlüssig erklären, warum wir in vollem Umfang auf die Unterstützung von außen angewiesen sind. Diese Tatsache ist eine der bittersten Erkenntnisse der letzten Wochen. 

Ich bitte also herzlich um Ihre Mithilfe. Gemessen an europäischen Standards haben wir immer noch sehr einfach gebaut, ohne jeglichen SchnickSchnack. Für Emene jedoch ist es eine riesige Bereicherung und geht weit über das hier normalerweise Angebotene hinaus. Ich muss betonen, dass Nigeria, was die Kostenentwicklung anbelangt, kein Billigland ist. Lediglich die Arbeitsleistungen werden erbärmlich gering honoriert, Materialkosten dagegen sind unverhältnismäßig hoch.

Link zur Seite des Augenzentrums Eckert Nigeria

Bilder vom Innenausbau, Bilder vom künftigen Anfangspersonal:




links:   Leitender Arzt Dr. Eze
rechts: Optiker Dr. Ezike                                           

links: Chizoba, Krankenschwester
rechts: Arzt / Patienten-Gespräch; noch im alten Gebäude 


Lepra:

Es ist eine große Freude für alle Beteiligten, dass wir seit April einmal monatlich zu einer ausgedehnten Sprechstunde zu den betroffenen Menschen gehen. Ermöglicht wird diese Leistung durch einen Topf, der nach einer Sammlung in Tübingen entstanden ist, und den ich durch die Vorträge im letzten Sommer weiter auffüllen konnten. Dr. Aninwada hat sich zu meiner Begeisterung bereit erklärt, auch diesen Bereich unseres Engagements mit abzudecken.

Bilder von der Sprechstunde:

Aus dem Spendentopf können wir nicht nur seine Leistungen bezahlen, sondern auch die durch ihn verordneten Medikamente. Sogar die Anschaffung einer neuen Matratze für eine schwerst kranke Frau war möglich. Die Bewohner des Camps sind glücklich über einen Arzt, der ihnen seine volle Aufmerksamkeit und Anteilnahme widmet und ohne Zeitdruck zuhört. Am nächsten oder übernächsten Tag bringen wir bei einem weiteren Besuch die verordneten Medikamente, deren Einnahme erklärt wird.


Bild links: auf ihre Wirksamkit hin geprüfte Medikamente unserer Apotheke

Bild rechts: Dr. Aninwada erklärt die Einnahme der Medikamente

Diese Medikamente beziehen wir sehr kostengünstig in der Apotheke „Faith Base“ von Sr. Jane Frances. Dadurch sind wir weitgehend auf der sicheren Seite, unverfälschte Produkte abzugeben.


Sonstiges:

Im letzten Rundbrief hatte ich von zwei Frauen berichtet, die an einem Basalzell-Cardinom leiden. Leider hat sich in der näheren Diskussion mit Dr. Borsche von Interplast Germany e.V. ergeben, dass eine operative Intervention nicht mehr möglich ist. In beiden Fällen ist die Zerstörung bereits zu weit fortgeschritten. Dies sind die Fälle, die uns hilflos zurücklassen. So oft kommen die Menschen zu spät ins Krankenhaus.

Bild: Webkunst aus der Natur: Blattwerk einer Kokospalme






Was gibt es sonst noch im Südosten Nigerias?

Seit einigen Monaten scheinen uns die Probleme über den Kopf zu wachsen. Zunehmend reagiert die Regierungsebene im fernen Abuja mit Schikanen auf den aufmüpfigen Bundesstaat Enugu.

Schließung des Flughafens Enugu:

Ein erstes, mehr als deutliches Signal wurde gesetzt Mitte August, als der Flughafen als Strafmaßnahme auf eine Demonstration im deutschen Nürnberg, als einige Igbo-People nicht sehr zimperlich mit einem prominenten Gesandten aus Nigeria umsprangen. Prompt wurde wenige Tage später verkündet, dass der Flughafen Enugu, Dreh- und Angelpunkt für den Südosten Nigerias, unser „Tor zur Welt“, zum 24.08. geschlossen werde. Es war unmöglich, sich darauf adäquat vorzubereiten, meine eigene Rückreise wurde um 9 Tage verzögert. Die Konsequenz sind seither lange und gefährliche Anreisen auf miserablen Straßen, entweder von Abuja oder Lagos aus, kurzfristig hat Etiopian Airlines noch Port Harcourt ins Programm aufgenommen, wofür wir uns dann letzten Endes entschieden haben. All das war natürlich auch mit einem Mehr an Kosten verbunden. Ursprünglich sollten die „Wartungsarbeiten“ am Flughafen im Dezember abgeschlossen sein. Aktuell ist man über das Umschichten von Geldern aber noch nicht hinausgekommen. Der neue Termin zur Wiederaufnahme des Flugbetriebes wird mit April 2020 angegeben. Ich rechne eher damit, dass ich auch im Juni mit einem Auto nach Port zum dort neu erbauten Flughafen fahren muss. Es gab Absichtserklärungen des Governors, dass für alle Passagiere, die mit Ethiopian Airlines in Port eintreffen, ein kostenloser Security-Service nach Enugu bereit gestellt werde. Kidnapping war mal wieder an der Tagesordnung, die Bedingungen hierfür sind attraktiver als je zuvor. Gesehen haben wir bei unserer Ankunft am 10.09. von diesem Service allerdings nichts...

„Wir“, das waren die Rektorin unserer Schule, ihre Tochter und der Enkel, die zeitgleich mit mir nach Enugu zurückkehrten. Ein absoluter Glücksfall, denn ich war nicht mehr alleine auf mich gestellt mit meinem Berg an Gepäck. Vielmehr wurden wir sehr komfortabel mit dem Schulbus und zwei sehr bewährten, ortskundigen Fahrern am Flughafen abgeholt und sicher nach Enugu kutschiert, incl. einer ausgesprochen angenehmen Übernachtung auf halber Strecke im Haus von Prof. Ebigbo, dem Ehemann unserer Schulleiterin, einem wahrhaftigen Eze = König. So wurde diese Fahrt zu einem nicht gerade angenehmen, aber doch spannenden Abenteuer.

Bild: Wasserstraße“, Rückkehr nach Hause


Genau so einschneidend sind weitere Pläne des Regierungskaders:

Einer davon ist, die Fulani Herdsmen (eine Gruppe von Halbnomaden, die in vielen Ländern Afrikas leben) mit ihren Herden im Südosten Nigerias anzusiedeln. Über die Konflikte zwischen den Viehhirten und den Farmern wurde vielfach in den Medien berichtet. Tatsache ist, dass auch die Hirten Opfer der Umstände sind. Ihre vormaligen Weidegründe im Norden von Nigeria sind durch die Armee besetzt, die gegen Boko Haram kämpfen. So sind die Fulani darauf angewiesen, sich neue Futterplätze für ihre Herden zu suchen. Da der Konsum von Rindfleisch im Land hoch ist, stellt sich der Süden als guter Absatzmarkt dar. Fatal nur, dass die Kühe die Felder und damit die Ernten vernichten. Den Hirten ist es egal, den Farmern nicht. Fada Benet thematisiert den Konflikt in einem seiner Gedichte für den Kalender 2020.

Bilder: Kuhherden in Enugu. Das Tempolimit wird strikt eingehalten.

Es gibt aber auch Maßnahmen, die sich auf ganz Nigeria auswirken:

Schließung der Außengrenzen, Verbot des Imports von Lebensmitteln:

Als Begründung für diese Maßnahme, die – wie auch die Schließung des Flughafens Enugu – sehr kurzfristig beschlossen wurde, war angegeben worden, dass man den Schmuggel von Reis z.B. aus dem Nachbarland Benin eindämmen wolle. Nigeria sei in der Lage, die Ernährung der Bewohner ohne Importe sicherzustellen. Es wäre wünschenswert, wenn dem so wäre – leider entspricht es nicht der Realität. Wie bereits beim Konflikt mit den Fulani angsprochen, können weite Flächen nicht mehr bewirtschaftet werden, weil Farmen überfallen werden. Im Südosten hatte auch nie eine Landreform stattgefunden. Die Felder sind sehr kleinflächig und nicht effektiv zu bewirtschaften. Maschinen sind nicht im Einsatz. Die Produktion von Palmöl, ein nach wie vor sehr wichtiges Produkt und einst ein zentraler Exportartikel, ist längst ins Ausland verlagert und muss von dort reimportiert werden. Es gibt keine Milchwirtschaft, das ersatzweise verwendete Milchpulver stammt fast ausschließlich aus Europa. Von dort kommenzumeist auch Butter, Käse, Joghurt. Vermutlich wird so die Überproduktion der Europäischen Union zumindest teilweise abgebaut. Diese Lebensmittel werden in Enugu State nur in den Filialen zweier Supermärkte angeboten, die ihre Hauptniederlassung in Südafrika (Shoprite) haben oder franchising-Unternehmen sind (Spar, betrieben von einer indischen Firma).

Die Schließung der Grenzen mit dem Ziel, illegale Importe von in erster Linie Reis zu verhindern, ist sinnlos. Profiteure sind in erster Linie die Kleinanlieferer aus den Nachbarländern sowie die Männer, die die Grenzen „kontrollieren“. Sie haben die illegalen Importe in der Vergangenheit zugelassen und dabei kassiert, sie werden dies künftig ebenso tun. Einziger Unterschied: Das „Wegsehen“ oder „Verhandeln“ wird teurer. Außerdem gibt es mittlerweile alternative Wege. Aktuell wird ein blühender Handel an den Grenzen zu Niger und Tschad gepflegt. Die Konsequenz für den Endverbraucher sind rasant in die Höhe steigende Preise. Und hier schließt sich der Kreis: Die Reichen sind in der Lage, auch wesentlich teureren Reis zu kaufen. Reis ist eines der Grundnahrungsmittel in Nigeria. Bereits jetzt, mehr als einen Monat vor Weihnachten, ist ausländischer Reis fast um das Doppelte teurer im Vegleich von vor einem Monat. Die Lagerhallen sind voll. Die Händler warten auf den Moment, an dem sie vor Weihnachten einen noch höheren Preis erzielen. Auf den Tellern der Armen wird es in diesem Jahr zu Weihnachten vermutlich keinen Reis geben. Die heimischen Erzeugnisse können den Abmangel nicht decken.

Statement von Dr. Obinna Aninwada (Sonntag, 17.11.2019):

Border closure was a dramatic move from bubu (president Buhari). Like you know, in policies like this, there are always losers and gainers. Am not sure who the real losers here are, but I know the predominantly poor Nigerians are suffering. The aim actually, from the government point of view, is to check smuggling of fuel outside our shores and importation of foreign rice especially from Benin republic. Yesterday I was at the market, a bag of rice now goes for as much as #24k.I wanted to get a bag so I could share with my parents but I ended up not buying… - my budget was #18k*.The Government may have genuine interest but it's hurting the poor masses. We are not ripe obviously for such a drastic change considering we are agri- culturally not at our best. Having said that, we hope for the best...

*k = tausend Naira. 24.000 Naira entsprechen momentan 60 Euro für 50 kg Reis, einem Grundnahrungsmittel...

Reform des Gesundheitswesens:

Im Folgenden stelle ich Ihnen die aktuelle Situation zweier Patientinnen vor, die eine chronische Erkrankung haben und für die nächsten Monate oder Jahre eine kontinuierliche Behandlung benötigen.

Falldarstellung 1

32jährige Frau, U.G., 3 Kinder im Alter von 10 / 7 und 5 Jahren (Mädchen, zwei Jungs).

Frau U. erlitt vor einigen Monaten eine Fehlgeburt. Sie wurde zunächst durch einen Nativ-Doktor behandelt. Die Familie / Nachbarn hatten ihren Verdacht bekundet, dass die Fehlgeburt Folge einer Vergiftung durch missliebige Menschen sei. Der Sud der gekochten Wurzeln des „Naturheilkundigen hat die Nieren der Frau schwer geschädigt. Sie kam ins Annunciation Specialist Hospital, als es bereits zu spät war. Inzwischen ist sie dialysepflichtig. Die Durchführung der Dialyse wäre in wöchentlichem Zyklus unbedingt erforderlich, wünschenswert wäre eine 2mal wöchentlich stattfindende Behandlung. Eine Dialyse kostet aktuell ca. 30.000 Naira = ca. 75 Euro.. Darüber hinaus benötigt Frau U. Bludruckmedikamente zur Behandlung ihrer Hypertonie und erforderlichenfalls Bluttransfusionen aufgrund der fehlenden Nierenfunktion.

Der Ehemann von Frau U. ist Kfz-Mechaniker, das Einkommen ist nicht stabil, sondern abhängig von der Auftragslage. Arbeitslöhne sind in Nigeria darüber hinaus sehr gering. Bedingt durch die Erkrankung seiner Frau konnte er seine Werkstatt auch nicht mehr in dem erforderlichen Umfang betreiben. Die Kunden sind mittlerweile teilweise abgewandert, was die Situation zusätzlich verschärft.
Die Schulgebühren der drei Kinder konnten für das laufende Schuljahr noch nicht bezahlt werden. Während der ersten, akuten Phase des stationären Aufenthaltes der Mutter hatte die 10jährige Tochter den Schulbesuch gänzlich abgebrochen und die Mutter im Krankenhaus versorgt*.

Vor der Erkrankung hatte Frau U. Auf der Straße kleine Säckchen mit gerösteten Erdnüssen verkauft. Geschätztes Tageseinkommen: 2,50 Euro.

Bilder: Frau U. vor der Dialyse mit massiver Wassereinlagerung




Falldarstellung 2

E., Chinenye Vivian, 16jährige Jugendliche, Schülerin, mit einer Sichelzellanämie

Die Sichelzellanämie ist eine in Afrika weit verbreitete genetische Erkrankung der roten Blutkörperchen. Sie tritt gehäuft auf in Gebieten, in denen auch Malaria vorkommt. Es handelt sich um eine unheilbare Erkrankung, die mit entsprechender Medikation lediglich zu einer Linderung der Symptome führt (Erschöpfung, Schmerzen, wiederkehrende Infektionen). Das heißt, das Mädchen muss sich einmal im Monat zu Laborkontrollen einfinden und regelmäßig Medikamente einnehmen. Sehr günstig wäre eine verbesserte medikamentöse Behandlung. Diese Tabletten müssten aber aus dem Ausland bezogen werden. Die Kosten der Behandlung der hier erhältlichen Medikamente liegt bei monatlich zwischen 3.000 und 10.000 Naira (ca. 7,50 – 25 Euro). Der Vater sei bei einem Inder angestellt, der jedoch häufig den Lohn entweder gar nicht oder mit großer Verzögerung bezahlt. Die Mutter führt eines der kleinen Lädchen am Rand unserer Straße, das so gut wie nichts abwirft. Sie war heute mit ihrer Tochter hier und hat weitere Einzelheiten zum Schicksal der Familie erzählt: Die älteste Tochter verstarb 20jährig 2013 ebenfalls an der Sichelzellanämie. Es gibt außer Chinenye noch weitere 5 Kinder im Alter von 15 – 23 Jahren. Sie sind Gott sei Dank gesund. Chinenye besucht eine katholische Privatschule, ist jetzt in der ersten Klasse der Mittelstufe. Durch ihre Erkrankung hat sie viel Zeit versäumt, außerdem konnten die Eltern häufig die Schulgebühren nicht bezahlen, was weitere Fehlzeiten nach sich zieht – So hat man Chinenye diese Woche wieder mitgeteilt, dass sie am Examen nicht teilnehmen kann, weil die Eltern die 30 Euro Schulgeld nicht bezahlen konnten. Das Geld wurde ihr ausbezahlt, worüber sie sich unendlich gefreut hat.


Grundsätzliche Situation der medizinischen Versorgung in Nigeria:

Das Durchschnittseinkommen eines nigerianischen Erwachsenen liegt bei 135 Euro. Es ist nicht genug, um eine Familie zu ernähren. Die Kosten im Falle einer chronischen Erkrankung aufzubringen, ist nahezu aussichtslos. 80% der Bevölkerung in Enugu State liegt unterhalb der Armutsgrenze.

Es gibt zwar Krankenversicherungen, die aber zahlreiche Ausschlusskriterien haben. Chronische Erkrankungen, Übernahme der Kosten für teure Medikamente (wie z.B. der Behandlung eines Bluthochdruckes) sind nicht abgedeckt. Die Situation wird sich ab 2020 durch das Inkrafttreten der aktuell verabschiedeten Gesundheitsreform weiter verschärfen.

Vor einigen Wochen fand in Lagos eine Konferenz statt, in der der „Second National Strategic Health Development - Plan vorgestellt wurde. Eine Nigerianerin, mit der ich eng befreundet bin, war als Beobachterin in dieser Konferenz anwesend. Sie kam mit 1,5 kg Papier zurück, aufgeteilt in fünf verschiedene Schriftstücke, in denen die unterschiedlichen Themenbereiche erörtert werden.

Es ist vermutlich in Westeuropa nicht vorstellbar, wie die „Versorgung“ der Kranken von staatlicher Seite aus geplant ist. Fakt ist, dass der Staat beabsichtigt, sich weitgehend aus dem Geschehen herauszuhalten.

Die Planung sieht aus wie folgt: Es wird ein großer Pool eröffnet. In diesen fließen alle Gelder, die ab 2020 bis zunächst 2022 für die Gesundheitsfürsorge aufgewendet werden.

1 Prozent der Gelder kommen von den nigerianischen Krankenversicherungen. Ein weiteres Prozent kommt vom Federal Government. Weiter kommen alle Spendengelder(!) in diesen Topf (WHO, Bill Gates Foundation, kirchliche Organisationen etc. pp.). Und dann wird verteilt: 40 % gehen an die 36 Local Governments Nigerias sowie an eine Institution der Hauptstadt Abuja (FCT). Die restlichen 60% verbleiben beim Federal Government. Was dieses genau damit macht, wird nicht erläutert.

Im Klartext bedeutet dies, dass das Gesundheitswesen Nigerias zu 98 % von Geberländern und Hilfsorganisationen finanziert werden soll.

Die Spender dürfen jedoch nicht, wie bisher, aussuchen, wen, wohin oder was sie unterstützen werden oder wollen. Das entscheide das Federal Government. Die wüssten am besten, wo etwas benötigt werde. Damit entfällt jegliche Kontrolle, was mit den Geldern geschieht. Aus den Plänen geht weiter hervor, dass der Nordosten Nigerias bevorzugt begünstigt wird. Dies ist die Region, aus der Präsident Buhari stammt und in der seine Wähler sitzen. Der Südosten ist seit Jahren klar benachteiligt. Biafra ist das Stiefkind der Muslime: christlich und aufmüpfig, bestrebt, sich von Nigeria abzuspalten und wieder unabhängig zu werden, kurz: ein Stachel im Fleisch des Präsidenten und seiner Gefolgschaft.

Offensichtlich sehen die Entscheidungsträger nicht die Gefahr, dass zahlreiche Spender unter solchen Bedingungen abspringen werden. Vermutlich sind die Gelder in der Vergangenheit so reichlich geflossen, dass man sich auf der sicheren Seite sieht.

Auch die Einladungen zur Teilnahme an der Konferenz wurden offensichtlich sehr gezielt ausgesprochen. Von deutscher Seite war lt. meiner Informantin niemand anwesend.

Wenn also künftig Enugu State für den gesamten Bereich Gesundheit einen noch zu ermittelnden Prozentsatz des Gesamthaushaltes bekommt, kann man sich vorstellen, wie die finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser und Gesundheitszentren aussieht. Natürlich hat die Planung Auswirkung auf alle Disziplinen. Es ist nicht zu fassen. Als ein winzigkleiner Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Ärmsten im Krankheitsfall zu helfen, bleibt man hilflos zurück. Ohne Unterstützung von außen sind die Menschen dazu verurteilt, zu sterben, z.T. an banalen Krankheiten. Dennoch haben wir es als kleine, unabhängige Organisation noch vergleichsweise gut: wir können selbst entscheiden, was wir machen.

Wir können allerdings bei weitem nicht alle Kosten auffangen, sondern konzentrieren uns auf die dringendsten Notfälle.

Deshalb werden wir künftig mehr als je zuvor auf Ihre Unterstützung angewiesen sein. Nigeria, einer der reichsten Erdölstaaten der Welt, lässt seine Bewohner buchstäblich im Elend versinken. Den Reichen ist es egal, die nehmen ärztliche Hilfe ohnehin im Ausland in Anspruch. Da in der westlichen Welt davon ausgegangen wird, dass hier ein demokratisches System herrscht, besteht wenig bis gar keine Kenntnis in die Realität.

Die beiden oben geschilderten Fälle sind exemplarisch für unzählige andere. Die Ausstattung der Krankenhäuser ist mangelhaft bis ungenügend.

Foto Rollstuhl in der Uni-Klinik Enugu

Es gibt keine Rücklagen für Reparaturarbeiten. Gehälter der Angestellten können nicht fristgerecht bezahlt werden. Die Motivation des Personals sinkt. Die meisten Ärzte haben Teilzeitverträge, sind in verschiedenen Krankenhäusern angestellt und betreiben daneben noch eine kleine private Praxis.

Ich schildere die Situation bewusst sehr offen und drastisch, damit klar wird, wie alarmierend sie ist und womit wir nahezu täglich konfrontiert sind.

Im Krankenhaus arbeite ich sehr eng mit einer Nonne zusammen, die viele Jahre in Deutschland in verschiedenen Krankenhäusern gearbeitet hat. Wir haben in den letzten Tagen diesen Text formuliert, er geht auch an den Bekanntenkreis von Sr. Edith im Raum Bonn.

Es wäre hervorragend, wenn sich ein Helferkreis für Frau U. gründen würde, um die Dialyse sicherzustellen. Vorstellbar ist auch, dass eine Kirchengemeinde eine Patenschaft für diese Maßnahme übernimmt.

An dieser Stelle könnte die Frage gestellt werden: „Und was machen die Krankenschwestern?“

Im Gegensatz zu Deutschland wird in Nigeria die eigentliche Pflege der Kranken von Angehörigen übernommen: meist die Verpflegung, weil die Mahlzeiten des Krankenhauses zu teuer sind; Wäsche waschen; körperliche Hygiene; Erledigung der verwaltungstechnischen Angelegenheiten. Jede Leistung muss vor der Ausführung im sog. bill-office bezahlt werden: Durchführung von Laborleistungen, Medikamente, Verband bzw. Verbandwechsel, Injektionen, Bluttransfusionen, Röntgen, EKG etc. pp. Ohne Quittung, die in der entsprechenden Abteilung oder in der Apotheke des Krankenhauses vorgelegt wird, wird die Leistung nicht erbracht. Dies sind Vorsichtsmaßnahmen des Krankenhauses, damit es nicht auf den Kosten sitzen bleibt.

Der aktuellen Jahreszeit folgend, bleibt mir nur noch, eine friedvolle und entspannte Adventszeit nach Deutschland zu wünschen. Nicht in Geld zu schwimmen, hat etwas sehr Entlastendes. Einkaufstouren entfallen, das Wühlen in Sonderangeboten, das Anstehen in endlosen Schlangen vor Kassen, das Suchen nach dem letzten Weihnachtsgeschenk, das Hirnen „was soll ich kochen?“. Übrig bleibt: sich auf das Wesentliche von Weihnachten zu besinnen, sich auf die Geburt eines Kindes zu freuen. Mehr braucht es nicht.In diesem Sinne wünsche ich allen Freunden, allen Leserinnen und Lesern dieser Zeilen eine ruhige und friedliche Zeit.

Herzliche Grüße aus Emene

Ihre / Deine

Gabriele Ayivi

Im November 2019


* Kein 10jähriges Mädchen, egal wo es lebt, sollte solche Aufgaben übertragen bekommen. Zusammen mit der Sorge um eine schwerkranke Mutter war es damit heillos überfordert.


Bilder: in erster offizieller Festtagsrobe



Bild: kurzer Moment totaler Entspannung


Kleiner Geschichtsunterricht:

Enugu

Enugu ist die Hauptstadt des Enugu-Staates in Nigeria. Sie liegt im südöstlichen Nigeria. Laut der im Jahre 2006 in Nigeria durchgeführten Volkszählung hatte sie damals 7222 664 Einwohner. Der Name Enugu stammt aus den beiden Igbo-Worten Énú Ụgwụ bedeutet "oberer Hügel", die die hügelige Geographie der Stadt bezeichnet. Die Stadt wurde nach Enugwu Ngwo benannt, unter dem Kohle gefunden wurde. Seit dem 17. Jahrhundert wurde das Gebiet des heutigen Enugu von der Nike-Untergruppe des Igbo-Volkes besiedelt. Eines von Enugus Ortschaften führt immer noch den alten Namen des Dorfes Ogui. Im Jahr 1900 wurde das Southern Nigeria Protectorate unter der kolonialen Verwaltung des britischen Empire gegründet. Die Entdeckung der Kohle durch die Kolonialisten führte zum Bau der Ostbahn, um Kohle von der Binnenstadt zum Hafen von Port Harcourt zu transportieren, eine Stadt, die eigens zu diesem Zweck 151 Meilen südlich des sogenannten Enugu Coal Camps geschaffen wurde. Enugwu Ngwo wurde in Enugu umbenannt und entwickelte sich als eine der wenigen Städte in Westafrika, die aus europäischem Kontakt geschaffen wurden. Im Jahr 1958 hatte Enugu über 8.000 Bergarbeiter. Seit 2005 wurde der Kohleabbau eingestellt. Enugu ist nun Verwaltungszentrum und Universitätsstadt mit vereinzelten Versuchen, Industrie anzusiedeln (Mercedes Benz Niederlassung etc.)
Bild von LKWs Anamco


Noch mehr Bilder vom November 2019 gibt es hier in der Bildergalerie (Fotoalbum)







Brief von Gabi Ayivi vom 27. April 2019:

Liebe Freundinnen, liebe Freunde, liebe Unterstützer von Olileanya, liebe alle, die ganz aus Versehen auf der Suche nach irgendwas über unsere Website stolpern und – glücklicherweise – darin hängen bleiben.

Herzlich willkommen mit einem Bild meines Lieblingsbaumes, der aktuell seine Pracht auf Schritt und Tritt entfaltet:

Bild: Baum, der in Flammen steht


Dieser Personenkreis ist im Jahr 2018 in sehr erfreulichem Umfang angestiegen und hat uns etliche Paten beschert.

Dieser Wahrnehmung folgend, stelle ich fest – und bekomme es vermehrt so rückgemeldet -, dass die Rundbriefe (auch die aus der Vergangenheit) mit Interesse gelesen werden. Deshalb werde ich künftig auch nicht mehr so sehr danach trachten, alles möglichst kurz zu fassen – ein Vorhaben, das mir naturgemäß ohnehin nicht gelingt. Der Brief – eine Zustandsbeschreibung der Situation in und um Emene – ist eine Zustandsbeschreibung, die viele Facetten enthält. Ich sehe viel, habe entsprechend viel mitzuteilen. Eigentlich hätte ich bereits vor langer Zeit schreiben wollen. ......aber immer kam etwas dazu, was ich auch noch als berichtenswert erachtete; bis hin zu der vor wenigen Wochen stattgehabten Wahl des Ministerpräsidenten und des Governors von Enugu State. Und so wurde immer wieder verschoben, um noch etwas hinzufügen zu können. Und letztendlich musste mein altersschwacher Computer generalüberholt werden, was einen unerwartet langen Zeitraum in Anspruch nahm. Um das Ganze abzurunden, wurde ich ab Mitte Februar 2mal hintereinander von der Malaria niedergestreckt. Die zweite Attacke dauerte mehr als vier Wochen, weitere 2 Wochen hatte ich damit zu kämpfen, wieder völlig auf die Beine zu kommen. Und seither bin ich mit Aufarbeiten beschäftigt, was neben dem normalen Tagesgeschäft relativ zögerlich vonstatten geht. In erster Linie bin ich aber sehr, sehr dankbar darüber, wieder voll leistungsfähig zu sein. Allerdings gibt es in meinem Leben ein ehernes Gesetz: es entstehen auch immer gute Dinge selbst aus der größten Not: in diesem Falle aus der Malaria. Wir haben seither einen Familienarzt gewinnen können, ein Glücksfall für mich und das Haus. 

Endlich kümmert sich jemand engagiert um die Belange der Kinder, um ihre Laborergebnisse und eine adäquate Medikation. Dr. Obinna Aninwada verschreibt aber nicht nur die Pillen und setzt behutsam und schmerzfrei (ich schwöre!) Spritzen, er geht auch ausgesprochen liebevoll mit den Kindern um, fand durch seine einfühlsame Art und in ihrer Muttersprache in sehr kurzer Zeit einen guten Zugang zu ihnen. Dies ist außerordentlich wertvoll bei den chronisch kranken Kindern, um die notwendige Motivation für die tägliche Medikamentenzufuhr aufzubauen und aufrecht zu erhalten.

Bild: Dr. Obinna mit Chiadi und Mmesoma


Haus Nno:

Der größte Umtrieb fand naturgemäß in den eigenen vier Wänden bzw. im Zusammenhang mit den Kindern statt. Seit Längerem berichte ich von dem Musikunterricht der Kinder. Aus diesem entwickelte sich ab Herbst letzten Jahres ein kleiner Kinderchor mit 7 Mitgliedern. Ugochukwu, der ehrgeizige Musiklehrer, machte sich daran, mit ihnen ein eigenes Programm zu erarbeiten, mit dem sie erstmals im Dezember an die Öffentlichkeit traten als OLILEANYA KINDERCHOR. Und damit war es mit der vorweihnachtlichen Gelassenheit vorbei: Der Chor der Erwachsenen, der zur Umrahmung einer Preisverleihung engagiert war, hatte neben den sehr unbeschwert aufspielenden Kindern schlechte Karten. Sie wurden für kurze Zeit zu shooting stars, bekamen Chorkleidung gestellt und sangen bei der Jahresschlussparty des Governors. Wenn die Akteure nicht mit solcher Begeisterung und vor allem coolness aufgetreten wären, hätte ich den ganzen Rummel unterbunden. So aber war klar, dass spätestens zu Beginn der Weihnachtsferien wieder Ruhe einkehren wird.









Bild links: Gruppenbild mit dem Governor
Bild rechts: on stage

Ein paar Tage später nach der Party wurde der Besuch einer Abordnung des Governors angekündigt, der uns total durcheinander wirbelte. Ca. 20 Leute reisten in großen Karossen an und bevölkerten unseren Garten, darunter einer der „persönlichen Assistenten“ des Governors. Das Ganze fiel bereits in die heiße Phase des Wahlkampfes im März 2019, entsprechend war der Werbefeldzug in vollem Gange. Wiederum zwei Tage später bekamen die Kinder eine schicke neue Tischtennisplatte mit Zubehör geliefert. Schweren Herzens musste ich von unserer alten Platte Marke „Eigenbau“ Abschied nehmen, die mir persönlich viel besser gefallen hatte. Sie symbolisierte für mich den Einfallsreichtum meiner Kinder, die mit den einfachsten Mitteln etwas herstellen, das ihren Zwecken dient.


Bilder oben: Besuch der Abordnung aus dem Regierungssitz
Bilder unten: Tischtennisplatte Marke Eigenbau. Als Schläger dienten Holzbretter
















Der vorläufig letzte Akt vor den Weihnachtsferien war das erstmalig durchgeführte Sportfest der Schule, in der alle Klassen in verschiedenen Disziplinen gegeneinander antraten. Mädchenfußball war ebenso vertreten wie Sackhüpfen und Eierlaufen. Es war ein Riesenspaß, Iruomas Mädchenriege ging als Siegerin hervor. Die Jungs müssen sich im nächsten Jahr schwer ins Zeug legen, um diese Schlappe wieder gut zu machen.

Bild: die Sportler

Alle Kinder haben übrigens gute bis sehr gute Leistungen in der Schule aufzuweisen.



Wie bereits vor einiger Zeit erwähnt, ist nichts so beständig wie die Veränderung: Schon vor den Ferien war klar, dass sich im neuen Jahr wieder etwas tun wird: Chioma bekam einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Sie wollte dringend zwei kleinen Mädchen mit der Aufnahme in unserer Gemeinschaft eine Chance geben. So wurde mit den Müttern besprochen, dass Hanna und Mmesoma 2 nach den Weihnachtsferien bei uns einziehen werden. Die Beiden, die im März mit wenigen Tagen Abstand 3 Jahre alt wurden, sind wie siamesische Zwillinge.

Bild:  Mmesoma und Hanna



Und endlich konnte auch mit dem Vater des gehörlosen Obinna, den ich bereits im letzten Juli vorgestellt hatte, eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden. Der Leiter des Reha-Zentrums hatte sich lange geziert, die Kontaktdaten herauszugeben. Er wartet vermutlich heute noch auf eine entsprechende Gegenleistung. Der 14jährige Ebuka lebte zu dem Zeitpunkt bereits nicht mehr in der Einrichtung.

Somit suchen wir ab sofort weitere 3 Paten. Wenn Sie sich / Du dich angesprochen fühlen/fühlst , gibt es unter der Rubrik „Patenschaft“ nähere Informationen. Sie können / du kannst aber auch einfach eine mail an mich schreiben.


Bild:
Obinna, Hanna und die beiden Mmesomas.
Er liebt es, Selfies zu machen.











Um die Weihnachtszeit endgültig abzurunden, trudelte Mitte Januar mit reichlicher DHL-Verspätung noch ein Geschenkpaket aus Deutschland ein, das mit großer Freude ausgepackt wurde. Ab sofort waren alle Kinder von ganz klein bis mittelgroß vom Puzzle-Fieber befallen. Vielen Dank an die Spenderinnen dieser tollen Inhalte.













Okwudili hat die Schulausbildung mit einem Examen der Junior Secondary School abgeschlossen und im Februar 2019 nach gründlicher Überlegung und Vorbereitung die Lehre in einer nahegelegenen Schneiderwerkstatt begonnen. In Nigeria muss man zu Beginn einer Berufsausbildung „Lehrgeld“ bezahlen. Die Höhe richtet sich nach den jeweiligen Berufsgruppen, in Okwudilis Fall waren es umgerechnet 250 Euro für einen Zeitraum von 18 Monaten. Zusätzlich bekommt der Lehrherr Getränke (eine Kiste Bier, eine Kiste Cola / Fanta, Malzbier), mit denen der Einstand des neuen Mitarbeiters gefeiert wird. Okwudili fühlt sich in der neuen Umgebung ausgesprochen wohl. Endlich ist er unter Gleichaltrigen und nicht mehr der mit Abstand Älteste in seiner Schulklasse.

Bilder aus der Schneiderwerkstatt:



Haus und Hof

Ferien sind nicht gleichbedeutend mit „Pause“ oder „Ruhe“ – weit gefehlt. Vielmehr hatten wir in den Tagen vor und nach Weihnachten eine Riesenbaustelle im Haus. In den drei Kinderzimmern wurden die Möbel abgeschlagen und im Haus verteilt, der löchrige PVC-Belag und der Estrich wurden entfernt und durch pflegeleichte und helle Fliesen ersetzt. Die gesamte Aktion war schweißtreibend und brachte viel Schutt und Staub mit sich. Das Ergebnis aber ist sensationell gut. Die drei großen Buben haben tatkräftig geholfen, bis auch sie nach Ende der Bauarbeiten zu den Verwandten fuhren.

Bild: Mädchenzimmer


Der Avocado-Baum belohnt uns seit wenigen Wochen mit einer Überfülle an Früchten. Es gibt im Moment weit mehr als 100 Stück in den verschiedenen Stadien, die großzügig weiter verschenkt werden.








Chiomas Hühnerhof allerdings kommt nicht so recht in die Gänge. Wir hatten zeitweise 15 Küken, die entweder von Greifvögeln weggefangen wurden oder weggezogen sind. Seit gestern sind erneut 7 Vögelchen geschlüpft. Die Frau Mama hatte sich eine Bananenstaude als Brutplatz ausgesucht. 








Bild: Tarnhuhn und junge Mutter.


So gehen wir gemächlich mit dem Jahreslauf, der keine Hektik kennt und mir hilft, das hiesige Tempo anzunehmen (siehe Artikel http://www.popp-objekte.de/Zeitwahrnehmung.pdf 
Über die unterschiedliche Wahrnehmung der Zeit


Erstes Fest im Hause Nno

Am 31.03.2014 bin ich endgültig aus Rottweil nach Emene umgesiedelt. Ein willkommener Anlass, sich zu freuen und das bisher Erreichte in einem würdigen Rahmen zu feiern. Für den 14.04.2019 hatten wir Wegbegleiter und Freunde zu einem Fest eingeladen, das durch die beiden Chöre – Kinder und Erwachsene – würdig umrahmt wurde.

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Eine längere Version von diesem Video finden Sie HIER


Gesundheitsfürsorge

Augenzentrum Dr. Eckert, Nigeria / Annunciation Specialist Hospital:

Seit einer Woche ist der Rohbau fertig. Es macht viel Spaß, dem Wachsen zuzuschauen. Die äußerst interessierten Beobachter sind voller Dankbarkeit dafür, wie sehr den Kranken der näheren und weiteren Umgebung von Deutschland aus geholfen wird. Verblüffend ist, dass zunehmend Anfragen per e-mail von Nigerianern aus Deutschland eintreffen, in denen um Hilfe für hier lebende Angehörige angefragt wird – die Anfragen im Internet nach solchen Themen scheinen zahlreich zu sein.

Nachfolgend Einige Bilder vom Bau (weitere Bilder in der Fotogalerie)
und hier der
 Link zur Seite des Augenzentrums Eckert Nigeria 

Bild oben links: Grundstein und Psamltext werden ins Fundament gelegt
Bild oben rechts: … es wächst
Bild unten links: Sicherheit am Arbeitsplatz - wie schreibt man das?
Bild unten rechts: jetzt wird dicht gemacht. Schritt für Schritt


















Weitere Bilder vom Bau der Augenklinik in der Fotogalerie „Bau Augenklinik".


Sonstiges:

Naturgemäß beschränkt sich der Hilfebedarf nicht auf die Augenklinik. Ein weiteres Krankheitsbild ist in den letzten Monaten in den Vordergrund getreten. Es ist definitiv nicht so, dass ich mit einer Lupe unterwegs bin, um hilfebedürftige Menschen aufzuspüren. Vielmehr begegnen sie mir zwangsläufig auf den Dörfern und im Krankenhaus. Und als Weiße kann ich mich schlecht wegducken. So wurden ich in den letzten Monaten mit zwei sehr tragischen Fällen von Krebserkrankungen konfrontiert, mit sog. Basalzellkarzinomen, für die bevorzugt Albinos anfällig sind. Bei einer jungen Frau ist der gesamte untere Gesichtsbereich befallen, bei einer weiteren Frau der Bereich von Nase und einem Auge. Es gibt eine deutsche Hilfsorganisation, Interplast Germany e.V. Lt. dem Vorsitzenden der Sektion Bad Kreuznach wäre es möglich, mit einem Team nach Enugu zu kommen und entsprechende Hilfe anzubieten. Schwieriger wird die Suche nach einem Krankenhaus, das einen OP-Saal mit der erforderlichen Ausstattung anbietet. Die Maßnahme umfasst vermutlich einen langen Zeitraum in mehreren Schritten, um durch eine Rekonstruktion ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Im Moment sind wir noch in der Planung, aber die Zeit drängt.

Am Ostersonntag konnten wir nach mehr als 1 ½ Jahren im Falle des Herrn Mmadu einen Schlusspunkt setzen, der alle Beteiligten sehr zufrieden macht: Der Vater von Iruoma und ihren drei Brüdern ist nach einer ausgeheilten Tb nach Hause zurückgekehrt und lebt wieder eigenständig auf dem Dorf. Die Rückkehr wurde im Rahmen eines bewegenden Dank-Gottesdienstes mit der ganzen Heimatgemeinde gefeiert.

Bild: Gruppenfoto aus Ihiala


Gospelchor Ifunanyachukwu Chorale

Damit wir die Bodenhaftung nicht verlieren, gibt es naturgemäß auch Vorhaben, die sich nicht wie gewünscht entwickeln. Unsere für den Frühsommer geplante Chorreise lässt sich aus den verschiedensten organisatorischen Gründen nicht verwirklichen. Wir haben das gesamte Unternehmen deshalb um ein weiteres Jahr verschoben und sind zuversichtlich, in den kommenden 12 Monaten eine tragfähige Kooperation mit unterstützenden deutschen Freunden afrikanischer Gospelmusik aufbauen zu können. Ermutigende Signale aus Deutschland gibt es bereits jetzt.

Über die Musikbox in Rottweil kann die CD des Chores nach wie vor bezogen werden. Der Erlös aus dem Verkauf hilft dabei, einen Teil der Reisekosten zu erwirtschaften: 
Musikbox
Inhaber Bernd Kammerer
Hauptstr. 47
78628 Rottweil
Telefon:  0741 – 4 22 67
E-Mail:  info@musikbox-rottweil.de 

Was gibt es sonst noch im Südosten Nigerias?

#UtutuOmaNu: Ndi Naijiria Na-Olilianya ha n’afo 2019

Keine Sorge, dies wird kein Sprachunterricht in Igbo. Es war eine Beitrag im Internet und heißt auf deutsch:

„Ein wunderschöner guter Morgen an euch alle.
Nigerias Bevölkerung und ihre Erwartungen für 2019“

In Biafra wünschte man sich vor allem, dass Ministerpräsident Buhari bei der Wahl unterliegen möge und in den wohlverdienten Ruhestand geht.

Bild: Wahlplakat Präs. Buhari

Bei der Aussage frage ich mich: was hat er in den vergangenen 4 Jahren gemacht?

Leider blieb es beim Wunschdenken. Die Wahl war ein absolutes Chaos, in denen rechtsstaatliche Strukturen völlig außer Kraft gesetzt waren. Offensichtlich konnten die internationalen „Beobachter“ den verschlungenen Wegen der betrügerischen Machenschaften nicht auch nur annähernd folgen. Das Geflecht ist zu undurchsichtig. Die Nerven lagen blank, es gab zahlreiche Todesopfer. Armee und Polizei zeigten offen ihr Machtpotential und die damit einhergehende Brutalität. In Enugu-State sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, der vorherige Governor hat im ersten Anlauf erneut gesiegt und kann in den nächsten vier Jahre seine begonnene Arbeit fortsetzen. Natürlich leben auch wir nicht auf einer Insel der Glückseligen, aber im Vergleich zu Nachbarstaaten geht es uns verhältnismäßig gut.

Allerdings bilden die weiterhin gravierend größer werdenden Armut im Zusammenspiel mit kriminellen Splittergruppen der Herdsmen und Korruption eine unheilige Allianz: Es gibt jetzt auch in unserer direkten Umgebung zunehmend Entführungen und vor allem brutale Raubüberfälle. Am Gründonnerstag traf es unseren Freund Chinedu, den Gründer des Gospelchores. Neben dem hohen materiellen Schaden bleiben die Verletzungen an Körper und Seele. Nach solchen Ereignissen werde selbst ich etwas vorsichtiger und verzichte deshalb morgen auf die mehrstündige Überlandfahrt zu einer Hochzeit. Junge Menschen haben keine Chance auf einen Arbeitsplatz und damit auf ein legal erworbenes Einkommen. Sie agieren zunehmend als Wegelagerer und überfallen Menschen, die zuvor ausgespäht wurden. Dabei ist der Einsatz von Mobiltelefonen sehr „hilfreich“, um die jeweiligen Stationen der Zielperson zu vermelden, bis an einem geeignet erscheinenden Platz der Zugriff erfolgt. Organisator einer Gruppe war vor wenigen Wochen ausgerechnet ein ehemaliger Polizist! Eventuell wurde seine Pension nicht ausbezahlt.

Für den weiteren Verlauf des Jahres 2019 wünschen wir uns deutliche Anstrengungen in Richtung auf eine Verbesserung der Situation auf dem sozialen und gesundheitlichen Sektor. Wie übel es um die Umwelt steht, ist einem aktuellen Beitrag des Guardian zu entnehmen (siehe Link www.theguardian.com/global-development/2019/apr/24/rotten-chicken-eggs-e-waste-from-europe-poisons-ghana-food-chain-agbogbloshie-accra ). Eine diesbezügliche Veränderung würde allerdings auch zwingend voraussetzen, dass sich Europa seiner Verantwortung bewusst wird. Zu diesem Thema werden wir uns in Zusammenarbeit mit unserem Familienarzt, einer britischen und einer nigerianischen Nonne wieder mehr engagieren. Überhaupt ist es für mich ein riesiger Segen, dass ich immer wieder und immer noch auf Menschen treffe, die sich einmischen wollen, die neue Energie und Ideen mitbringen. So war im letzten Dezember ein Mitabeiter des DIFÄM (deutsches Institut für ärztliche Mission, Sitz in Tübingen) hier. In Sr. Jane Frances neuer Apotheke wurde eine Tagung abgehalten, um die Aufdeckung von Medikamentenfälschungen weiter voranzubringen. In unserer unmittelbaren Nachbarschaft gibt es dafür ein aus Deutschland finanziertes Labor! Weiterhin gibt es seit dem letzten Herbst einen neuen Leiter des Deutschen Aussätzigenhilfswerks (DAHW), der sich trotz aller Beschränkungen durch die Gegebenheiten sehr offen und engagiert einbringt. Solche Begegnungen sind ermutigend und geben Kraft.

Und mit dieser Zuversicht werden wir auch die Realisierung des Reha-Zentrums für psychisch Kranke weiter vorantreiben – Schritt für Schritt, gegen alle Widerstände, in der Hoffnung, dass unsere Bitte um Unterstützung und Hilfestellung, in welcher Form auch immer, auf offene Ohren stößt.

Vielen Dank für vielen positiven Schreiben, Übernahme von Patenschaften, Geldspenden. Nur mit deiner / Ihrer Hilfe können wir hier vor Ort tätig sein, die Kinder ernähren und in die Schule schicken, das Haus instandhalten, unseren altersschwachen Bus ein weiteres Mal reparieren lassen, Medikamente und stationäre Aufenthalte bezahlen. Das ist uns an jedem einzelnen Tag sehr bewusst.

Tanzen Sie fröhlich in den Mai, wir tun es auch!

Herzliche Grüße aus Emene

Ihre / Deine

Gabriele Ayivi

25.04.2019

Weitere Bilder in der Fotogalerie Bau Augenklinik 
und in der Fotogalerie April 2019

Die Briefe / Berichte aus dem Jahr 2018 finden Sie HIER.

Die Briefe / Berichte aus den Jahren 2013 bis 2017 finden Sie HIER



Erörterung zu den Namen der Kinder

Jemand hat mich darauf hingewiesen, dass es angeraten ist, die Namen der Kinder näher zu erläutern. Ich komme dieser Anregung gerne nach und hoffe, dass für die Paten die Zuordnung dadurch klarer wird.

Seit vielen Jahren ist mir klar, dass es nicht überall auf der Welt so durchorganisiert ist mit Namen und Zahlen wie in Deutschland. Nigeria ist vermutlich noch herausragend. Alles wird sehr flexibel gehandhabt, Igbo-Land ist nochmal speziell. Der in der „westlichen Welt“ übliche Kalender ist zwar bekannt, wird aber auf dem Dorf weitgehend nicht angewendet. Dort gibt es nur drei Markttage, nach denen sich alles ausrichtet. Was sich an diesen Tagen ereignet hat, wird ins Leben eingebaut. Zahlreiche Kinder werden auf den Dörfern zu Hause geboren und oft erst nach Monaten – wenn überhaupt – bei einer offiziellen Stelle gemeldet, z.B. in einer Kirchengemeinde im Rahmen der Taufe. Die Mutter erinnert sich dann z.B. daran, dass die Tochter / der Sohn am 2. Tag nach dem Eke-Markt geboren wurde. Oder das Datum wird an einer Wand in der Hütte vermerkt, damit es nicht vergessen wird. Daten spielen in dieser Gesellschaft lediglich in gebildeten Kreisen eine Rolle.

Was ein Kind aber auf jeden Fall bekommt bei der Geburt, ist ein Name in der Igbo-Sprache. Bei der Taufe wird der (christliche) Taufname vorangestellt. Die Erwähnung Gottes = Chukwu ist dabei omnipräsent. Wenn ein Kind nicht getauft ist, kann es sich einen Taufnamen nach seinem Geschmack aussuchen. In der nigerianischen Gesellschaft gibt es neben den großen Amtskirchen eine Vielzahl religiöser Vereinigungen / Sekten. Zwei unserer Kinder haben sich deshalb nochmals taufen lassen, um der katholischen Kirche beizutreten. Dabei haben sie sich für neue Taufnamen entschieden. Chekwubechukwu und ihre kleine Schwester Mmesomachukwu sind nicht getauft. Chioma hat die Entscheidung übernommen. "Joy" ist kurz, sie kann es mittlerweile problemlos schreiben und buchstabieren. Susi orientiert sich an meiner jüngsten Tochter, die uns das Weihnachtspaket geschickt hat. Es kann aber gut sein, dass sich die Beiden irgendwann mal für andere Namen entscheiden, falls sie sich taufen lassen.

In den Tageszeitungen gibt es seitenweise offizielle Vermeldungen, dass jemand seinen Namen geändert hat; sei es, weil sich bei den ursprünglichen Einträgen ein Fehler eingeschlichen hatte, sei es, weil der Name nicht mehr gefiel.

Hier also die (aktuell gültigen) Namen der Kinder, wobei ich die traditionellen Namen mit Chiomas Hilfe übersetzt habe. Die Familiennamen habe ich weggelassen, obwohl sie auch spannend bzw. lustig sind. Ogbuenyi z.B. heißt „der Kühe verkauft“, was Israel (Aaron) Kosisochukwu zu massiven Zornausbrüchen verleitet. Der Name wird im Hause in seinem Beisein tunlichst nicht laut ausgesprochen. Vermutlich steht, wenn er alt genug ist, eine Anzeige in einer der Zeitungen, dass er sich was anderes ausgeguckt hat.

  • Joy Chekwubechukwu (Gottvertrauen)
  • Hanna Ukamaka (Die Kirche ist gut)
  • Susi Mmesomachukwu (Güte Gottes)
  • Vivian Mmesomachukwu (Güte Gottes)
  • Israel (Aaron) Kosisochukwu (wie es Gott gefällt)
  • Martins Okudilichukwu (lege die Probleme vor Gott)
  • Cynthia Iruoma (viel Glück)
  • Valentine Chibuike (Gott ist Stärke)
  • John Paul Ugochukwu (Adler Gottes)
  • Jude Ifechukwu (Licht Gottes)
  • Daniel Izuchukwu (Plan Gottes)
  • Henry Chiadikobimmadu (Gottes Herz ist rein)
  • Promis (David) Nnamdi (mein Vater (Gott) ist hier)
  • Peter (Solomon) Tochukwukwu (Lobe Gott)
  • Festus Obinna (Herz seines Vaters)

Ich freue mich, wenn Dir / Ihnen diese Erläuterungen weiterhelfen. Darüber hinausgehende Fragen werden gerne beantwortet.